Full text: Die Verfassung des Deutschen Reichs mit Erläuterungen.

VII. Eisenbahnwesen. Art. 42. 529 
falls auf die Beobachtung der Interefsen der Landesverteidigung und des 
allgemeinen Verkehrs beschränkt. 
Das besondere Interesse der Landesverteidigung, soweit es sich nicht 
mit dem Interesse des allgemeinen Verkehrs deckt, ist im Art. 41 Abs. 1 
und Art. 47 R.V. gewahrt. Für das Interefse des allgemeinen Verkehrs 
ist im Art. 42 der Grundsatz aufgestellt, daß die deutschen Eisenbahnen wie 
ein einheitliches Netz zu verwalten sind. Die hieraus von der Verfassung 
gezogenen Schlußfolgerungen find im Art. 41—46 verteilt, nämlich: 
a) Die Anlegung und Ausrüstung der neuen Bahnen nach einheitlichen 
Normen (Art. 42). 
b) Die Einführung übereinstimmender Betriebseinrichtungen für sämt- 
liche, insbesondere also auch für die bereits bestehenden Bahnen, mit dem 
Ziel, eine Garantie für die technischen Einrichtungen zu schaffen, die der 
Betriebssicherheit dienen, sowie die verkehrstechnische Leistungsfähigkeit der 
Bahnen nach der gquantitativen Seite sicherzustellen — Art. 438. 
c) Die Schaffung von Garantien für die Beschleunigung des Verkehrs 
durch die Einrichtung eines durchgehenden Verkehrs mit ineinandergreifenden 
Fahrplänen und Personenzügen von entsprechender Fahrgeschwindigkeit, sowie 
der erforderlichen Zahl von Güterzügen mit direkter Expedition im Personen- 
und Güterverkehr und Üübergang der Transportmittel von einer Bahn auf 
die andere — Art. 44. 
d) Die Herstellung möglichster Gleichmäßigkeit in den wirtschaftlichen 
Bedingungen, unter denen sich der Verkehr vollzieht, durch Einführung über- 
einstimmender Betriebsreglements und Hinwirkung auf gleichmäßige und 
niedrige Tarife — Art. 45. Betriebsreglements im Sinne der z. Z. der 
Emanation der Reichsverfassung üblichen Ausdrucksweise bedeuten im wesent- 
lichen dasselbe, was man jetzt unter Verkehrsordnung versteht. Art. 46 
gibt in Ansehung der Tarife für Notstandsfälle noch eine Ausführungs- 
bestimmung. 
e) Eine besondere Garantie für die Einheitlichkeit des deutschen Bahn- 
netzes enthält Art. 41 Abs. 2 durch die Sicherung des Anschlusses neuer 
Bahnen. 
l)Die Aufhebung der gegenüber der Anlegung von Parallel= und 
Konkurrenzbahnen bestehenden Widerspruchsrechte — Art. 41 Abs. 3 — und 
die Ubertragung des Rechts an das Reich, Verkehrsbahnen uötigenfalls auch 
gegen den Widerspruch der Einzelstaaten in deren Gebiet anzulegen, sind 
ebenfalls Konzessionen an die Interessen des allgemeinen Verkehrs, der durch 
derartige Widerspruchsrechte geschädigt werden kann. 
Alle diese Einzelbestimmungen entsprechen dem allgemeinen Grundsatz, 
daß das Reich auf dem Gebiete des Eisenbahnwesens in die Hoheitsrechte 
der Einzelstaaten nur soweit eingegriffen hat, als es im Rahmen der dem 
Reich durch Art. 4 Ziff. 8 gegebenen Vollmacht liegt, nämlich soweit es dem 
Interesse der Landesverteidigung und des allgemeinen Verkehrs entspricht. 
Nach der materiellen Seite würde das durch Art. 4 Ziff. 8 vorgesehene und 
im § 4 des Ges. betr. die Errichtung eines Reichs-Eisenbahnamtes v. 27. Juni 
1873 R.G.Bl. S. 165 nochmals in Ausficht genommene, aber bisher nicht 
erlafsene Reichs-Eisenbahngesetz kaum weiter gehen können. Sein Inhalt 
ist in allgemeinen Zügen bereits durch Art. 41—47 R. V. vorgezeichnet. 
Aber was namentlich dem Reichs-Eisenbahngesetz noch zu tun übrig bliebe, 
Dambitsch, Deutsche Reichsverfassung. 34
	        
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