Full text: Die Verfassung des Deutschen Reichs mit Erläuterungen.

546 VIII. Post= und Telegraphenwesen. Art. 48. 
des Deutschen Reichs v. 28. Okt. 1871 R.G. Bl. S. 349 ist die Beförderung 
aller verschlossenen Briefe und aller Zeitungen politischen Inhalts, die öfter als 
einmal wöchentlich erscheinen, gegen Bezahlung von Orten mit einer Postanstalt 
nach Orten mit einer Postanstalt des In= oder Auslands auf andere Weise 
als durch die Post verboten. Nach Art. 2 des Reichsges. v. 20. Dez. 1899 
R.G. Bl. S. 715 ist dieses Verbot auch auf verschlossene und solchen gleich- 
zuachtende Briefe ausgedehnt, die innerhalb der Gemeindegrenzen ihres mit 
einer Postanstalt versehenen Ursprungsortes verbleiben. Danach besteht das 
Postmonopol für den ganzen Verkehr mit verschlossenen Briefen, an deren 
Aufgabeort sich eine Postanstalt befindet, also auch für den Ortsverkehr. 
Hinsichtlich der politischen Zeitungen erstreckt sich das Monopol nicht auf 
den zweimeiligen Umkreis ihres Ursprungsorts (§ 1 Abs. 1 des Ges. v. 
28. Okt. 1871). Privatanstalten zur gewerbsmäßigen Beförderung von 
schriftlichen Nachrichten dürfen seit dem 1. April 1900 bei Strafe nicht 
mehr betrieben werden; dies bezieht sich aber nicht auf die Beförderung von 
unverschlossenen politischen Zeitungen im Ortsverkehr. Das Aquivalent 
für dieses Monopol liegt in der Bestimmung, daß die Annahme und Be- 
förderung von Postsendungen von der Post nicht verweigert werden darf, 
sofern die Bestimmungen des Postgesetzes und des vom Reichskanzler über 
die Annahmebedingungen erlassenen Reglements beachtet sind. Auch darf 
keine im Gebiet des Deutschen Reichs erscheinende politische Zeitung vom 
Postdebit ausgeschlossen und ebensowenig darf bei der Normierung der Ge- 
bühren dafür nach verschiedenen Grundsätzen verfahren werden (8 3). Das 
Briefgeheimnis darf nur in den gesetzlich bestimmten Fällen verletzt werden 
(§ 5). Die Post muß für die ihr eingelieferten Sendungen in gewissem 
Grade Garantie leisten (§ 6—15). Ferner hat die Post besondere Vorrechte, 
die sich auf die Befreiung von Chausseegeldern und anderen Kommunikations- 
abgaben, auf die Benutzung von sonst dem Verkehr nicht freigegebenen 
Wegen, auf die Unzulässigkeit von Pfändungen u. dergl. beziehen (§§ 16—26). 
Zuwiderhandlungen gegen das Monopol und die sonstigen Rechte der Post 
find unter Strafe gestellt (88§ 27— 46). Die Beziehungen zum Ausland 
find dadurch geregelt, daß Deutschland dem Weltpostverein beigetreten ist, 
der nach Abänderung des Weltpostvertrages v. 15. Juni 1897 nunmehr 
auf dem Vertrage v. 26. Mai 1906 R. G. Bl. S. 593 beruht. 
Für das Telegraphenwesen ist das Gesetz v. 6. April 1892 R.G.Bl. S. 467 
maßgebend. Danach steht das Recht, Telegraphen- und Fernsprechanlagen 
für die Vermittelung von Nachrichten zu errichten und zu betreiben aus- 
schließlich dem Reich zu (§ 1); einige für den allgemeinen Verkehr ver- 
hältnismäßig nicht bedeutungsvolle Ausnahmen find durch das Gesetz zu- 
gelassen. Durch das Reichsges. v. 7. März 1908 R. G. Bl. S. 79 ist das 
Monopol auf die drahtlose Telegraphie ausgedehnt, wenigstens in dem 
Sinne, daß Anlagen dieser Art nur mit Genehmigung des Reichs errichtet 
und betrieben werden dürfen. Das Korrelat des Staatsmonopols liegt 
auch hier darin, daß jedermann gegen Zahlung der Gebühren das Recht 
auf Beförderung von ordnungsmäßigen Telegrammen und auf Zulassung 
zu einer ordnungsmäßigen telephonischen Unterhaltung durch die für den 
öffentlichen Verkehr bestimmten Anlagen hat. Vorrechte bei der Benutzung 
der dem öffentlichen Verkehr dienenden Anlagen und Ausschließungen von 
der Benutzung find nur aus Gründen des öffentlichen Interesses zulässig
	        
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