584 XI. Reichskriegswesen. Art. 60.
tingents auf die Armeekorpsbezirke verteilt. Innerhalb des Kontingents
kann der von einem Armeekorpsbezirk aufzubringende Ersatz für einen Be-
zirk übertragen werden, soweit letzterer Überzählige hat und ersterer seinen
Rekrutenanteil nicht aufzubringen vermag. Dagegen kann zwischen ver-
schiedenen Kontingenten ein Ausgleich nur in dem Umfange stattfinden, als
Angehörige des einen Kontingents bei dem anderen Kontingent auf Grund
des § 12 des Reichs-Militärgesetzes in der Fafsung des Ges. v. 6. Mai 1880
R.G. Bl. S. 103 (mit Rücksicht auf ihren Wohnsitz) zur Aushebung gelangen.
Eine Ausnahme besteht nach dem Ges. v. 15. April 1905 R. G. Bl. S. 247
insofern, als das preußische Kontingent denjenigen Teil des württembergischen
Ersatzes, den dieses Kontingent nicht aufbringen kann, übernimmt, ohne
Rücksicht darauf, ob die in dem Gesetz von 1893 bestimmte Voraussetzung
gegeben ist, daß ein entsprechender Teil von württembergischen Staats-
angehörigen im Bezirk des preußischen Kontingents zur Aushebung gelangt.
Den Ausgleich regeln die Kriegsminister unter einander. Alles dies gilt
nur für den Frieden. Im Kriege entscheidet nur das Bedürfnis und der
Kaiser regelt durch Armeebefehl alle einschlägigen Fragen. Für die Zu-
teilung der auszuhebenden Rekruten an die einzelnen Truppenteile ist im
übrigen, wie das Gesetz von 1893 bestimmt, das militärische Bedürfnis
maßgebend. Uber militärische Fragen solcher Art, die den Etat nicht be-
rühren, entscheidet im Kriege und im Frieden der Kaiser auf Grund seiner
Kommandogewalt. Die Reichsgesetzgebung würde es deshalb an sich nicht
verhindern, daß die Rekruten zwischen den zum preußischen Kontingent ge-
hörigen verschiedenen Bundesstaaten ausgetauscht werden können. Jedoch
sind durch einige Militärkonventionen gegenteilige Vereinbarungen getroffen
oder wenigstens von Preußen Zusagen gegeben worden, die durch die ge-
nannten Reichsgesetze nicht berührt worden find; vgl. Laband IV S. 50f.
II. Die gesetzliche Feststellung der Friedenspräsenzstärke
im VBerhältnis zum Etat.
Durch das Gesetz über die Friedenspräsenzstärke wird die jährliche
Beratung des Militäretats nicht überflüssig gemacht. Nach dieser Richtung
bestimmt Art. 1 § 4 des Ges. v. 15. April 1905 (ebenso wie das Gesetz von
1899 Art. 1 § 5):
„In den einzelnen Rechnungsjahren unterliegt die Erhöhung der
Friedenspräsenzstärke nach Maßgabe dieses Gesetzes und die Verteilung
jener Erhöhung auf die einzelnen Waffengattungen, ebenso wie die Zahl
der Stellen für Offiziere, Arzte, Beamte und Unteroffiziere der Feststellung
durch den Reichshaushalts-Etat.“
Es ist selbstverständlich, daß gemäß der pofitiven, durch keins der
Gesetze über die Friedenspräsenzstärke berührten Regel des Art. 69 für die
Militärverwaltung wie für jede andere Verwaltung sämtliche Ausgaben auf
den Reichsetat gebracht werden; dies bezieht sich nicht bloß auf den Mehr-
bedarf an Offizieren und Mannschaften, sondern der ganze Bedarf der Armee
vom ersten bis zum letzten Mann muß im Etatsgesetz zum Ausdruck kommen.
Die wiedergegebene Bestimmung des Gesetzes von 1905 soll dagegen klar-
stellen, wie weit der Reichstag noch freie Hand bei der Bewilligung hat
und wie weit nicht mehr.