Full text: Die Verfassung des Deutschen Reichs mit Erläuterungen.

II. Reichsgesetzgebung. Art. 2. 59 
zwei Monaten, in den übrigen Konsulargerichtsbezirken mit dem Ablaufe 
von vier Monaten nach dem Tage, an dem das betreffende Stück des Reichs- 
gesetzblattes oder der preußischen Gesetz-Sammlung in Berlin ausgegeben 
worden ist, verbindliche Kraft erhalten, soweit nicht für das Inkrafttreten 
ein späterer Zeitpunkt festgesetzt oder für die Konsulargerichtsbezirke reichs- 
gesetzlich ein anderes vorgeschrieben wird. Dasselbe gilt entsprechend für 
die Schutzgebiete nach § 3 des Schutzgebietsgesetzes v. 10. Sept. 1900 
R. G. Bl. S. 813. 
Diese beiden Gesetze sind also in ihrem Wirkungkkreise territorial auf 
die Konsularjurisdiktionsbezirke und auf die Schutzgebiete beschränkt, und 
im übrigen fehlt es an einer allgemeinen Bestimmung darüber, wann 
Gesetze im Ausland in Kraft treten; namentlich kommen noch Reichsgesetze 
in Betracht, die gegenüber den im Auslande lebenden deutschen Reichs- 
angehörigen, Reichsbeamten oder den zur Bemannung deutscher Seeschiffe 
gehörenden Personen gelten. Laband ll S. 76 vertritt die Ansicht, daß die 
an die Spitze des Art. 2 gestellten Worte „innerhalb dieses Bundesgebietes“ 
auch auf den Schlußsatz desselben Artikels zu beziehen und dort zu ergänzen 
seien. Er schließt hieraus, daß die vierzehntägige Frist für das Ausland 
nicht gelte und daß, wenn in einem derartigen Gesetz der Anfangstermin 
seiner Wirksamkeit nicht ausdrücklich bestimmt sei, „nach den Umständen 
ermessen werden müsse, welche Zeit etwa erforderlich sei, damit das Stück 
des Gesetzblattes nach dem in Frage stehenden ausländischen Gebiet gelangen 
könne“, und daß diese Zeit der für das Bundesgebiet geltenden vierzehn- 
tägigen Frist hinzuzurechnen sei. Gegen diese Anschauung haben sich mit 
Recht u. a. v. Seydel S. 45 V, Binding Handbuch des Strafrechts 1 
S. 229 ff., Arndt S. 177 erklärt. Es fehlt an einer pofitiven Bestimmung 
für die von Laband vertretene Ansicht, und die Zeit, die für die Ver- 
sendung des Reichsgesetzblattes erforderlich ist, wird sich kaum so genau 
feststellen lassen, daß sich daraus ein für den praktischen Gebrauch aus- 
reichend bestimmter Rechtssatz ergeben würde. Allerdings wird die vierzehn- 
tägige Frist oft nicht genügen, um das Gesetz in entlegenen Gebieten des 
Auslandes hinreichend bekannt werden zu lassen. Aber es ist ein allgemeiner 
Grundsatz, daß die Anwendbarkeit der Gesetze nicht davon abhängig ist, ob 
sie vor ihrem Inkrafttreten tatsächlich bekannt geworden find und ob dies 
auch nur möglich gewesen ist. Zwar liegt der Bestimmung der vierzehn- 
tägigen Frist im Art. 2 die Anschauung zugrunde, daß die Gesetze vor ihrem 
Inkrafttreten bekannt werden sollen, aber einen pofitiven Ausdruck hat dieses 
gesetzgeberische Motiv in der Reichsverfassung nicht gefunden, und es ist 
deshalb nicht zulässig, lediglich auf Grund der Tatsache, daß im Ausland 
die Bedingungen für das Bekanntwerden der Reichsgesetze erschwert sind, 
die Frist als verlängert anzunehmen. Daraus ergibt sich allerdings der 
Schluß, daß für Konsulargerichtsbezirke und Schutzgebiete die Frist weit 
länger bemessen ist als für die anderen Gebiete des Auslandes, die zum 
Teil noch schlechtere Verbindung mit dem Reich haben. Dies ist eine In- 
kongruenz, die de lege ferenda gelegentlich beseitigt werden könnte oder am 
besten dadurch unschädlich gemacht wird, daß in jedem einzelnen Falle die 
für das Ausland bestimmten Reichsgesetze selbst den Anfangstermin ihrer 
Wirksamkeit so weit hinausschieben, daß sie vorher im Ausland genügend 
bekannt werden können. Im übrigen muß cde lege lata an dem Stand-
	        
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