Full text: Regierung und Volkswille.

8 Die Herrschaft der Napoleons. 
Aber der Satz genügt hier offenbar nicht. Denn zustimmen 
kann man nur einem Beschluß, den man kennt. Hier 
muß angenommen werden, nicht sowohl, daß die Nicht- 
wähler zustimmen, als daß sie sich unterwerfen, was auch 
immer das Ergebnis der Abstimmung sei. 
Bei der Wahl des Präsidenten Wilson haben überdies 
drei Millionen stimmberechtigte amerikanische Bürger sich 
der Stimme enthalten, so daß die jetzige amerikanische Re- 
gierung tatsächlich nur von einem Drittel der Bürgerschaft 
eingesetzt worden ist. Ja, wir haben sehr häufig in demo- 
kratisch regierten Staaten den Fall, daß nur etwa die Hälfte 
der Berechtigten, oft noch weniger, an der Abstimmung teil- 
nimmt. Die Majorität dieser Hälfte macht also unter Um- 
ständen wenig über ein Viertel aus. Kann man im Ernste 
behaupten, daß die Kundgebung eines Drittels oder eines 
Viertels der vorhandenen Bürger den Volkswillen darstelle? 
  Vielleicht gibt man zu, daß es nur ein Notbehelf ist, 
stimmigkeit den wenn man in solchen Fällen vom Volkswillen spricht, aber 
 wenn sich nun Einmütigkeit oder so gut wie Einmütigkeit 
bei einer Abstimmung kundgibt, dann wird man doch wohl 
von einem Volkswillen sprechen können? Sehen wir zu. 
Es ist tatsächlich nicht ganz selten geschehen, daß ein großes 
Volk in einer allgemeinen Abstimmung nahezu einstimmig 
seine Meinung kundgegeben hat, z. B. bei der Wahl der 
beiden Bonapartes zu Herrschern der Franzosen. Kaiser 
Napoleon lll. hat im Jahre 1868, als sein Herrscherrecht 
bereits anfing, stark angefochten zu werden, eine Schrift 
verfassen lassen oder selber verfaßt: „Les titres de la dynastie 
Napoléonienne“ („Die Rechtstitel der Napeleonischen 
Dynastie“). Der Schrift ist das Motto vorgesetzt: „Vor 
populi vox Dei“. Hier ist historisch ganz richtig festgestellt, 
daß im Jahre 1799 die Konsulatsverfassung, die den General
	        
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