Mängel der Parteiregierung. 185
Aber nun betrachten wir eins: Vor eine wirklich große
Probe, in einen großen Konflikt, ist noch keiner dieser
Staaten gestellt worden. England hat die großen Kämpfe
gegen das Frankreich des 18. Jahrhunderts unter dem
alten aristokratischen Parlament durchgefochten. Das 19. Jahr-
hundert hat nicht entfernt solche Anforderungen gestellt
wie das 18. bis zum Jahre 1815. Frankreich wartet noch
immer auf die große Probe, die es einmal bestehen soll.
Die Amerikaner haben, so stolz sie auch auf ihre Ver-
fassung sind, den großen Bürgerkrieg doch nicht vermeiden
können, und wenn sie in die imperialistische Politik
einmal eintreten, — sie tun es ja immer noch zögernd —
dann ist die Frage, ob dieses Staatswesen mit dem
Mangel einer einheitlichen, sicheren Spitze und eines
unbedingt festen Rückgrats solchen Aufgaben gewachsen
sein wird. Da können wir wieder auf den Vergleich mit
dem alten Rom zurückgreifen. Rom ist allen anderen
Staaten überlegen gewesen, weil es in seiner Magistratur
und seinem Senat den festen Mittelpunkt der politischen
Autorität und der politischen Tradition hatte, und daneben
in der Demokratie das populäre Element, das dem Staate
Saft und Kraft gibt. Auch die reine Demokratie kann
zeitweilig eine gute auswärtige Politik machen, wenn gerade
ein Mann von wirklicher Einsicht und Talent in die Leitung
gekommen ist. Aber große Politik auf die Dauer erfordert
immer weite Vorbereitungen und häufig in hohem Maße die
Tugend der Geduld. Und das beides ist natürlich in Staaten,
die in soviel höherem Maße auf die Popularität und auf die
Zustimmung von größeren Massen angewiesen sind, sehr schwer
zu erreichen, und gar bei irgendeinem Rückschlag, den doch
auch das Genie erlebt, ist die Masse gar zu sehr geneigt,
die Schuld auf den leitenden Mann zu werfen und ihn
Parteiregierung
und auswärtige
Politik.