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maßen zu übersehen, war, wie in anderen Ländern, so auch in
Deutschland die Grundstimmung aller Börseninteressenten natur-
gemäß diejenige einer tiefen Entmutigung. Schon in den letzten
Tagen vor Beginn der Mobilmachung hatte daher das Kursniveau
allgemein recht beträchtlich gelitten, so daß der Börsenvorstand
der Berliner Börse sich bereits am 30. Juli zur Schließung der
Börse veranlaßt sah. Mitbestimmend für diesen Beschluß war die
Tatsache, daß alle maßgebenden ausländischen Börsen schon
vorher ihre Pforten geschlossen hatten, so daß die Gefahr einer
starken Beeinträchtigung des Kursniveaus durch ausländische Ver-
käufe besonders groß war. Seit jenem 30. Juli ist die Börse noch
nicht wieder geöffnet worden. Die schwebenden Engagements
konnten infolge dessen bisher nur zum Teil erfüllt werden. In
Berlin sind im Oktober Einschüsse in Höhe von 5°/a verlangt
worden. Tatsächlich aber erreichen in zahlreichen Fällen dic
Einschüsse bereits einen wesentlich höheren Grad, zumal es sich
bei den meisten Effektenbeleihungen um sogenannte Einschuß-
geschäfte mit einem Einschuß von 10 bis 20 °jo vom ausmachenden
Betrage handelt. Überdies ist eine ganze Reihe von Engagements
auch ohne das Vorhandensein eines zwingenden Beschlusses des
Börsenvorstandes auf Grund privater Abmachungen gelöst worden.
Ziffernmäßige Belege dafür lassen sich freilich nicht beibringen.
Doch läßt sich die Gesamthöhe der an der Berliner Börse per
31. Dezember 1914 noch laufenden Engagements auf Grund einer
Rundfrage des Börsenvorstandes bei 306 Banken und Börsen-
firmen, von denen 278 Antworten eingegangen sind, auf etwa
90 Millionen Mark aus Reports und etwa 210 Millionen Mark aus
Lombards und Ultimogeldern schätzen. Bei der Bedeutung und
dem sonstigen Geschäftsumfang der Berliner Börse müssen diese
Summen als außerordentlich gering bezeichnet werden, und es
liegt auf der Hand, daß die Höhe der schwebenden Engagements
jedenfalls nicht der Grund für das weitere Geschlossenhalten der
Börse ist, wie im Ausland vielleicht angenommen wird. Bei den