Full text: Deutschland als Kolonialmacht.

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wollte. So erbat Wißmann im April 1896 telegraphisch Urlaub, mit der Absicht, 
nicht mehr in das Schutzgebiet zurückzukehren. 
Vorher aber hatte er noch eine wichtige Angelegenheit zu ordnen. Der seit Jahres- 
frist mit den Engländern in Mombassa im Kampfe befindliche Schekh Mbaruk bin Ra- 
schid war mit einigen tansend Anhängern auf deutsches Gebiet übergetreten. Den 
Engländern lag sehr daran, daß durch eine Entwaffunng die Mbarukfrage ein für allemal 
gelöst würde. Mbarnk aber trat an der Spitze seiner — meist mit Hinterladern — vor- 
züglich bewaffneten Gefolgsmannen sehr selbstbewußt auf. Wißmann begab sich zur 
Regelung der Sache selbst an die Nordgrenze der Kolonie, nicht ohne dort vier Kompa- 
gnien zusammenzuziehen, nach seinem altbewährten Grundsatze, daß man es in Afrika 
nie auf einen Mißerfolg ankommen lassen dürfe. Seinem diplomatischen Geschick und 
dem Eindruck dieser Machtentfaltung war die bedingungslose Waffenstreckung des 
Häuptlings zu verdanken, der in der Folge mit reichlich 1000 Anhängern dicht bei 
Daressalam, in „Mbarnksruh“ angesiedelt wurde. 
Nach Wißmanns Heimreise führte der Finanzdirektor v. Bennigsen dreiviertel 
Jahr lang die. Vertretung. 
Eine Reihe wichtiger Akte der Gesetzgebung fällt in diese Epoche. Die Gerichts- 
barkeit über die Eingeborenen wurde durch die noch in Kraft befindliche Reichskanzler- 
verordnung vom 22. April 1895 geregelt, und von dem Gonverneur Grundsätze über 
die Bestrafung des Sklavenhandels erlassen.] Neugeregelt wurden durch kaiserliche 
Verordnung die Verhältnisse der Landesbeamten in den deutschen Schutzgebieten. 
Durch die Verordnung betrefsend Abwehr und Unterdrückung von Viehseuchen wurde 
der erste Schritt in einer der wichtigsten wirtschaftlichen Angelegenheiten des Schutz- 
gebietes getan. 
Ganz besonders blühte damals die Bautätigkeit des Gouvernements. Der Bau- 
direktor Gurlitt verstand es, den öffentlichen Gebäuden, wie dem imposanten, hart am 
Meere gelegenen Gonvernementskrankenhause in Daressalam, einen bedeutsamen, 
orientalische Gefälligkeit geschict mit der Würde des heimischen Stils kombinierenden 
Ausdruck zu geben. 
Auch das Schulwesen begann sich zu entwickeln. Schon ehe das Gonvernement auf 
diesem Gebiete vorging, waren die Missionen im Unterrichte tätig gewesen. Es wirkten 
folgende Missionsgesellschaften im Schutzgebiete: 
1. Die evangelische Missionsgesellschaft für Deutsch-Ostafrika (Berlin III) seit 1887 
auf je einer Station in Daressalam, Tanga und West-Usambara. 
2. Die Mission der evangelischen Brüdergemeinde (Herrenhuter) seit 1891 nörd- 
lich des Njassa. 
3. Die Gesellschaft zur Förderung der evangelischen Missionen unter den Heiden 
(Berlin D seit 1891 ebenda. 
4. Die Universities Mission in den Bezirken Tanga (Magila, Korogwe) und Lindi 
(Massassi, Nevala). 
5. Die Church Mlissionar) Society seit 1876 in Mpapwa, Mamboya, Moschi (dies 
später an die Leipziger Mission abgetreten). 
6. Die London Missionar) Society in Urambo (Unjamwesi), später den Herren- 
hutern überlassen. 
7. Die Scet. Benedictus-Missionsgesellschaft (Ap. Präf. Südsansibar) seit 1887 
von bänressalan aus nach dem Süden des Schutzgebietes vordringend (Lindi, Ungoni, 
Uhähä). 
8. Die Congrégation du St. Esprit et du St. Coeur de Marie-Pères noirs genannt— 
(Ap. Vik. Nordsansibar) seit 1866 in Bagamojo, Usiguha, Ussagara, später auch am 
Kilimandjaro und im Bezirk Tanga. 
9. Die Missionnaires d'Afrique d'Alger — sog. Peres blanes — (Ap. Vik. des 
Victoria-Njansa, Ap. Vik. Unjanjembe und Ap. Vik. Tanganjika). 
Bei der mohammedanischen Küstenbevölkerung ersrenten sich die konfessionellen 
   
	        
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