Full text: Deutschland als Kolonialmacht.

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daß man eine Zeitlang ernstlich für die Erhaltung der Bestände fürchtete. Der Aus- 
fuhrwert der Häute schnellte von 470 000 auf 1 200 000 Mark hinauf, der Gesamthandel 
der beiden Häfen am See in drei Jahren von 470 000 auf 3 700 000 Mark. Außer Häuten 
waren es namentlich Erdnüsse, die mit der Bahn zur Küste gingen. Die Rücksichtslosig- 
keiten der profitgierigen Fellhändler machten 1904 sogar die Sperrung Urundi-Ruandas 
für den öffentlichen Verkehr notwendig. 
Der wachsende Handel machte endlich eine Neuregelung der Münzverhältnisse 
notwendig. Sie erfolgte durch Verordmung des Reichskanzlers vom 28. Februar 1904, 
nachdem schon zwei Jahre vorher die D. O. A. G. ihr Münzrecht an die Regierung 
abgetreten hatte. Man setzte, nach dem Vorbilde Indiens, ein festes Verhältnis zwischen 
Silber und Gold fest, indem man der Rupie den Wert von 1,33½ Mark gab (3 Rupie 
— 4 M.), und teilte sie statt in 64 Pesa in 100 Heller. In Deutschland hat man oft 
gefragt, warum unter diesen Umständen nicht gleich die Markwährung eingeführt wurde. 
Das hätte aber für die Finanzen des Schutzgebietes einen Verzicht auf den Präge- 
gewinn bedentet, der jährlich mit mehr als einer halben, oft weit mehr als einer ganzen 
Million im Einnahmeetat der Kolonie erscheint. Um für größere Summen beqneme 
Zahlungsmittel zu schaffen, wurde Anfang 1905 der neu gegründeten „Deutsch-Ost- 
afrikanischen Bank“ das Recht der Notenansgabe verliehen. 
Die Verkehrsverhältnisse wurden weiter verbessert. Das Bezirksamt Langenburg 
baute mit Steuerarbeitern eine große Uberlandstraße vom Njassa zum Tanganjika, der 
freilich eine unerwartete Konkurrenz in der Ugandabahn erwuchs: nach deren Vollendun; 
bediente sich nämlich der Handel nach dem östlichen Kongostaat nicht mehr des Sambesi- 
Schireweges, sondern des über Britisch-Ostafrika und vom Nianse zum Tanganjika. 
Die Usambarabahn erreichte 1001 Korogwe, 1004 Mombo am Fuße des West- 
Usambaragebirges, und im selben Jahre tat Prinz Adalbert von Preußen den ersten 
Spatenstich zur Zentralbahn, die 1914 — zehn Jahre später — den Tanganjika erreichen 
wird. In Daressalam wurde ein Schwimmdock gebant, das freilich die kleinen Stations- 
krenzer zu heben vermag, aber doch eine recht unbrauchbare Anlage ist, weil die den 
Indischen Ozean befahrenden Schiffe fast allc ein Deplacement haben, für das es nicht 
ansreicht. Der Uberlandtelegraph hatte vom Kap aus inzwischen Udj#dj# erreicht, von 
wo später Anschluß an die Ostküste hergestellt wurde. 
Von den gesetzgeberischen Taten der Epoche Götzen verdienen folgende Erwähnung. 
Die Reichskanzlerverodnung vom 29. November 1901 legte die Rechte der Sklaven 
gegen die Herren gesetzlich fest; Nenes allerdings brachte sie kaum, sondern kodifizierte 
nur, was längst Recht und Gewohnheit war. Viel weiter ging dagegen eine Verordnung 
von 1904, welche kurzerhand alle nach dem 3. Dezember 1005 geborenen Kinder von 
Sklaven für frei erklärte. 
Sehr wichtig war der weitere Schritt zum Ausban der Selbstverwaltung, der die 
Gouvernementsräte einführte durch die Verordnung vom 24. Dezember 1903. Darnach 
müssen dem Gorvernementsrate die Vorschläge des jährlichen Haushaltsanschlages und 
die Entwürfe der zu erlassenden Verordnungen vorgelegt werden. Ju den Gonverne= 
mentsrat hatte der Gonverneur anßer einer Anzahl Beamten mindestens drei aus den 
weißen Einwohnern des Schutzgebietes ernannte Mitglieder zu berufen. 
Auch eine neue Jagdschutzverordnung und Zollordnung wurde erlassen; beide 
paßten sich den bei der schnellen Entwicklung, die das Schutzgebiet genommen hatte. 
veränderten Verhältnissen glücklich an. In diese umfangreiche Friedenstätigkeit hinein 
platzte der große Aufstand, der bald das ganze südliche Drittel der Kolonie in Flammen 
setzte. 
n Es ist richtig, daß niemand den Ausbruch des Aufstandes vorausgesehen hat; aber 
es ist auch richtig, daß mancher erfahrene Offizier und Beamte darauf hingewiesen hat, 
daß die Friedenspolitik à tout prix am letzten Ende zur Katastrophe führen müsse. Uber 
die Gründe ist mancherlei geschrieben worden. Mit Ansnahme der handeltreibenden 
Küstenbevölkerung und der Stämme, welche sich gern gewöhnt hatten auf den enro-
	        
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