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müsse, wurde im Jahre 1889 die erste deutsche Schutztruppe unter den Brüdern.
Hauptmann und Leutnant von Frangois nach Südwestafrika entsandt. Auch sie be-
stand zunächst nur aus 21 Mann und wurde erst nach einem Jahre auf 50 ver-
stärkt. Diefe kleine Truppe setzte sich zunächst in Otjimbingwe fest, zog dann, noch
im Jahre 1889, nach Tsaobis, wo ein Fort, die „Wilhelmsfeste“, errichtet wurde
und nahm endlich im Oktober 1890 von Windhuk Besitz. Dies war früher der
Sitz des Hottentottenhäuptlings Jonker Asrikaner gewesen, der aber durch die
Herero gezwungen wurde, den Platz zu räumen. Windhuk wurde sofort durch
eine starke Feste, die sich noch heute trotzig auf hochragendem Hügel erhebt, ge-
sichert. Dem Hauptmann von Frangois war vorgeschrieben, sich in den Kämpfen
der Eingeborenen neutral zu verhalten und lediglich zu beobachten — eine selbst-
verständliche Instruktion, wenn man die Zahl der Schutztruppe in Rechnung
zieht. Er nutzte die folgenden Jahre voll ans, indem er sich durch weitaus-
gedehnte Reisen, die ihn kreuz und quer durch das Schutzgebiet vom Okavango
bis zum Oranje führten, einen sicheren Überblick über Land und Leute verschaffte.
Die erste energische Proklamation der deutschen Herrschaft in Südwestafrika,
die Kriegserklärung gegen den Häuptling Hendrik Witbooi, war eine Folge dieser
inzwischen erworbenen Kenntnis von dem Charakter und den Absichten der
Eingeborenen, auf die wir nunmehr näher eingehen wollen.
Die Geschichte der Eingeborenen bildet eins der interessantesten Kapitel der
Entwicklung des Schutzgebiets — ihre Zukunft eine der wichtigsten Fragen der
Wirtschaft.
Wir haben bereits gesehen, daß die großen und machtvollen Eingeborenen-
Völker Südwestafrikas, seitdem wir ihre Geschichte kennen, scharf voneinander ge-
schiedene Landesteile besetzt hielten. Den hohen Norden die Ovambo, die Land-
schaften zwischen Grootfontein-Nord bis etwa zur Linie Swakopmund —Windhuk
—Gobabis die Herero, und endlich das Land südlich dieser Linie bis zum Oranje
die Hottentotten. In diesem Teil liegt als Einsprengung dicht südlich von
Windhuk das Gebiet der Bastarde von Rehoboth. Neben diesen einst herrschenden
Stämmen finden wir in früheren Zeiten und noch heute durch das ganze Schutz-
gebiet verstreut die Buschleute und Bergdamara, die als Ureinwohner des Landes
von den später einwandernden Herero und Hottentotten verdrängt, verfolgt und
zum größten Teil unterjocht und zu Sklaven gemacht wurden.
Urfprünglich wurde ganz Südafrika von Buschmannshorden durchstreift, die
dem Steppencharakter des Landes gemäß von jeher reine und wilde Nomaden
waren. Sie sind bis zum heutigen Tage auf einer unsagbar niedrigen Kultur-
stufe stehen geblieben. Noch heute ist das unstete Wesen des Buschmanns, sein
Hang zum Umhertreiben, feine Unlust zur Arbeit und sein oft heimtückischer
Sinn jedem Weißen bekannt, der in Berührung mit diesem merkwürdigen
Menschenschlag getreten ist oder der etwa gar Buschleute in feinem Dienst ge-
habt hat. Die Wohnung des frei umherschweifenden Buschmanns besteht aus
einem von Strauchwerk zusammengeflochtenen „Pontok“, der eigentlich nur den
Namen eines Windschirmes verdient. Seine Bewaffnung bilden im wesentlichen
noch heute Pfeil, Bogen und Wurfkeule; Gewehre sind äußerst selten. Die Tiere
der Steppe und die eßbaren Wurzeln und Wildfrüchte seiner Heimat, des Busch-
feldes, geben dem Buschmann seine Nahrung. Aber trotz seiner geringwertigen
Waffen ist er von jeher ein geübter und erfolgreicher Jäger gewesen. Keiner ver-
steht es wie er, der Spur des Wildes zu folgen, ihm den Wind abzugewinnen und
ihm Fallen von größter Kunstfertigkeit zu stellen. Unübertresflich ist vor allem
auch seine Ausdauer in der Verfolgung des Wildes, die sich unter Umständen auf
viele Tage ausdehnt, und unerreicht sind die Schliche, die er als Jäger anzu-
wenden versteht. Es sei hier nur daran erinnert, daß er in früheren Zeiten der