Full text: Deutschland als Kolonialmacht.

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wenn der Farmer noch Junggeselle ist, wird er doch aus Gesundheitsrücksichten 
nicht allzu lange, also nicht Jahre hindurch, im Zelte wohnen dürfen. Hat er 
aber seine Familie unterzubringen, so wird er möglichst bald an den Bau eines, 
wenn auch ganz einfachen Häuschens zu denken haben. 
Immerhin werden aber diejenigen Kosten die größte Rolle spielen müssen, 
die für den Viehstock — als für die Grundlagen der Farmerei — aufzuwenden 
sind. Das Vieh ist das lebende Kapital des Farmers, und von seinem Gedeihen 
und seiner Vermehrung hängt in der Zukunft seine wirtschaftliche Lage ab. 
An erster Stelle kommt in Frage, auf welche Art der Viehzucht der Farmer 
sich werfen will. Ob er z. B. vornehmlich Rinder= oder Schafzucht zu treiben beab- 
sichtigt. Hierbei spielt auch die Lage der Farm im Schutzgebiet eine entscheidende 
Rolle, denn nicht jedes Gebiet, das sich zur Rinderzucht eignet, ist auch für die 
Schafzucht zu gebrauchen. Bei dieser muß man dann wieder streng scheiden, ob 
der Farmer sich auf die Zucht des afrikanischen Fleischschafes, des „Fettschwanz- 
schafes“, beschränken will, das keine Wolle liefert, oder ob er Wollschafzucht 
treiben will. Auch in der Ziegenzucht ist wohl zu unterscheiden zwischen der Zucht 
der gewöhnlichen afrikanischen Ziege, deren Milch recht gut und deren Fleisch 
ganz wohlschmeckend, aber nicht so hochwertig wie Hammelfleisch ist, und zwischen 
der weit schwierigeren und kostspieligeren Zucht der eingeführten Angoraziege. 
Diese liefert in ihrem seidenweichen Vlies das bekannte und geschätzte Mohair. 
Auch Schweinezucht kann an vielen Orten mit Erfolg betrieben werden. 
Die weiteren Zuchten, für die das Schutzgebiet sich eignet, die Pferde= und 
Straußenzucht, erfordern die Anlage recht bedeutender Geldsummen. Dasselbe 
kann für die Zucht des erst in nenester Zeit in das Schutzgebiet eingeführten 
Karakul= oder Perserschafes gelten, dessen Fell den feinen und teueren Pelz 
liefert, der Astrachan, Persianer oder Breitschwanz genannt wird. 
Der junge Farmer, der nicht über größeres Kapital verfügt, wird also gut 
tun, sich von allen Versuchen in diesen schwierigeren Zuchtbetrieben zunächst fern- 
zuhalten und im Beginn seiner Arbeit sich mit der im Schutzgebiet ganz allgemein 
ausgeübten Rinderzucht und der Zucht des afrikanischen Fleischschafes, der Ziege 
und dann auch des Wollschafes zu beschäftigen. Hat er hierin Erfolg gehabt, so 
kann er dann später seine Betriebe weiter ausdehnen und zu den Zuchten über- 
gehen, deren Gedeihen in erster Linie von großer Erfahrung in den Landes- 
verhältnissen abhängt. Anch in Südwestafrika ist es für den Landwirt änußerst 
gefährlich, zu viel auf einmal in die Hand zu nehmen. 1 
Ich habe bereits oben bemerkt, daß sich nicht alle Gegenden für die Woll- 
schafzucht eignen. Besonders trifft dies für die ausgedehnten Landstriche zu, die 
von dichteren Dornbuschbeständen bedeckt sind. Die Dornbüsche nämlich, die sich 
besonders in den östlichen und nordöstlichen Landschaften des Hererolandes viel- 
fach zu weitausgedehnten und undurchdringlichen Buschwäldern verdichten, ver- 
letzen durch ihre scharfen, vielfach mit Widerhaken versehenen Dornen das Vlies 
der Schafe und verringern so die Güte der Wolle. Wohl aber ist überall dort, 
wo Wollschafzucht betrieben werden kann, auch die Zucht des Rindes, des Fleisch- 
schafes und der Ziege möglich. 
Wir wenden uns nun dem Garten= und Ackerbau zu. Die ersten Erfahrungen 
auf diesem Gebiete wurden auf den Niederlassungen der Missionen und auf den 
Stationen der Schutztruppe gewonnen. Schon 1891, kurz nachdem die Truppe sich 
unter dem Hauptmann von Francois in Windhuk festgesetzt hatte, wurden die 
ersten Versuche unternommen, Gärten anzulegen, und diese Versuche gelangen 
überraschend gut. Heute haben sich die vor nunmehr 22 Jahren gegründeten 
Gärten zu Musteranlagen entwickelt, die in weiter Ausdehnung die Hänge des 
Festungsberges bedecken. Sie stehen heute noch unter der Leitung des Gartenbau- 
direktors Bohr, der sich bereits im Jahre 1891 bei der Truppe befand und der
	        
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