Full text: Deutschland als Kolonialmacht.

  
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kündigung seiner Verordnungen hat, sehr zerstreut ist. Die wichtigsten der für die 
afrikanischen und Südseeschutzgebiete erlassenen Vorschriften werden fortlaufend in 
dem „Deutschen Kolonialblatt“ abgedruckt. Eine Zusammenstellung des gesamten 
Materials an Gesetzen, Verordnungen, völkerrechtlichen Verträgen usw. enthält 
die von dem Assessor Riebow begründete, jetzt von Gerstmeyer und Köbner fort- 
geführte „Deutsche Kolonialgesetzgebung“. Eine für den Handgebrauch geeignete 
Auswahl findet sich in den Werken von Gerstmeyer, Schutzgebietsgesetz nebst Aus- 
führungsbestimmungen und ergänzenden Vorschriften (mit Kommentar), sowie 
Zorn-Sassen, Kolonialgesetzgebung. 
Staats= und völkerrechtliche Stellung der Schutzgebiete. 
Wenn das Schutzgebietsgesetz in seinem Eingange von „Schutzgebieten“ spricht, 
in denen der Kaiser namens des Reichs die „Schutzgewalt“ ausübt, so sind beide 
Bezeichnungen im Grunde nicht mehr zutreffend. Sie erklären sich aus der bereits 
erwähnten Absicht des Fürsten Bismarck, daß das Reich sich in seinen überseeischen 
Gebieten auf eine reine Schutzpolitik beschränken sollte, sowohl gegenüber den dort 
tätigen Kanfleuten und den mit „Schutzbriefen“ ausgestatteten Gesellschaften, wie 
anch gegenüber den Eingeborenen, mit deren Häuptlingen zum großen Teil so- 
genannte Schutzverträge abgeschlossen waren. Schon bald hatte sich indes herausge- 
stellt, daß die Gedanken des Fürsten Bismarck undurchsührbar waren. Gesellschaften, 
wie er sie im Auge gehabt hatte, kamen überhaupt nur für die Schutzgebiete 
Deutsch-Ostafrika und Neu-Guinea zustande, und sowohl die „Deutsch-Ostafri- 
kanische Gesellschaft“ wie auch die „Neu-Guinea-Kompagnie“ zeigten sich auf die 
Dauer der ihnen zugedachten Aufgabe, die Schutzgebiete selbst zu verwalten, nicht 
gewachsen. In Ostafrika brach im Jahre 1888 ein gewaltiger, von arabischen 
Sklavenhändlern angestifteter Aufstand aus, durch den die Ostafrikanische Gesell- 
schaft fast ganz aus dem Schutzgebiet vertrieben wurde. Ihn niederzuwerfen war 
sie völlig außerstande, und so mußte das Reich selbst diese Aufgabe übernehmen. 
Da auch nach Niederwerfung des Aufstandes nicht zu erwarten war, daß die 
Gesellschaft die Ordnung im Schutzgebiet würde aufrechterhalten können, sah sich 
das Reich (1890) veranlaßt, die Hoheitsrechte der Gesellschaft abzulösen und die 
Verwaltung selbst zu übernehmen, die nunmehr einem Gouverneur übertragen 
wurde. Auch die Neu-Guinea-Kompagnie hatte mit derartigen Schwierigkeiten 
zu kämpfen, daß auf einen von ihr selbst gestellten Antrag das Reich schon 1889 
eigene Beamte in ihr Schutzgebiet entsenden mußte. Vorübergehend sind der 
Kompagnie dann allerdings (von 1892 bis 1898) die Verwaltungsgeschäfte 
wieder überlassen worden. Schließlich kam aber auch mit ihr eine Vereinbarung 
zustande, wonach sie ihre Herrschaftsrechte endgültig an das Reich zurücküber- 
trug. Für Deutsch--Südwestafrika und die Marshall-Inseln hatten sich zwar 
ebenfalls Gesellschaften gebildet, die Deutsche Kolonialgesellschaft für Südwest- 
afrika und die Jalnitgesellschaft. Beide zeigten sich aber von Ansang an nicht 
geneigt, die Verwaltung selbst zu führen, sondern erklärten sich nur bereit, zu 
deren Kosten beizutragen. In Kamerun und Togo kamen Gesellschaften überhaupt 
nicht zustande, und auch ein Versuch, dort eine Art Selbstverwaltung einzurich- 
ten, mißlang. So mußten denn in allen jenen Schutzgebieten die dorthin ent- 
sandten Kaiserlichen Kommissare — dem für Kamerun wurde der Titel Gonverneur 
beigelegt — schließlich die Verwaltung danernd übernehmen. Freilich waren ihre 
Machtbefugnisse zunächst sehr eingeschränkt. Im Laufe der Zeit mußten sie aber 
im Interesse der Aufrechterhaltung der Ordnung und zur Anbahnung einer ge- 
deihlichen Entwicklung der Schutzgebiete immer mehr erweitert werden, indem 
gleichzeitig der Verwaltungsapparat entsprechend ausgebaut wurde. Auch den 
Eingeborenen gegenüber mußte das Reich immer mehr aus seiner Zurückhaltung 
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