Full text: Deutschland als Kolonialmacht.

140 ———————————————— 
einer von ihnen das Damaraland berührte. Ich erinnere mich aber, daß — es 
mag im Jahre 1894 oder 1895 gewesen sein — ein vor dem damals besonders 
heftig auftretenden Fieber fliehender Missionar das Damaraland passierte und 
nicht eben erfrenliche Bestellungen der Ovambohäuptlinge ausrichtete, die ich ent- 
gegennahm und an die Regierung in Windhuk weitergab. Die Mitteilungen be- 
sagten im wesentlichen, daß die Ovambohäuptlinge einer Auseinandersetzung mit 
der deutschen Regierung entgegensähen und daß sie, wenn die Dentschen nicht zu 
diesem Zwecke nach Norden kämen, uns einen Besuch im Damaralande abstatten 
wollten. Dies sollte jedoch durchans keine freundschaftliche Ankündigung sein, 
sondern stellte nichts anderes als eine unverschimte Drohung und natürlicher- 
weise eine Großsprecherei dar. Durch die Ausdehnung der deutschen Herrschaft 
nach Norden wurde dann der damalige Landeshauptmann Mgajor Leutwein im 
Jahre 1895 gezwungen, mit den Ovambohäuptlingen in eine, wenn anch nicht per- 
sönliche Verbindung zu treten. Er erwähnt dies in seinem bekannten Buche „Elf 
Jahre Gonverneur in Deutsch-Südwestafrika“, in dem er schildert, daß er, um 
die durch die Niederwerfung Hendrik Witboois nervös gewordenen Ovambo zu 
beruhigen, dem nächstwohnenden und als friedfertig bekannten Häuptling Kam- 
bonde schrieb, daß die deutsche Truppe nicht nach dem Norden zöge, um das 
Amboland zu betreten, und daß er selbst leider keine Zeit habe, den Häuptlingen 
einen Besuch abzustatten. Die Antwort Kambondes, die er sicherlich vorher mit 
den anderen Häuptlingen beraten hatte, war bezeichnend. Er schrieb: Alles, was 
der Landeshauptmann mitgeteilt habe, sei ja sehr schön, er (Kambonde) wünsche 
aber nur, den Landeshanptmann in seinem ganzen Leben nicht zu sehen. 
Erst ganz allmählich wuchsen die Beziehungen zu den Ovambo mit der wei- 
teren Ausdehnung und Befestigung der deutschen Macht im nördlichen Damara= 
lande. Von einzelnen Osfizieren und Beamten wurden Reisen in ihre Gebiete 
ansgeführt. Diese Periode begann etwa im Jahre 1900, in dem Oberleutnant 
Franke die Häuptlinge Kambonde und Uejuln besuchte. Andere Offiziere folgten 
ihm in den nächsten Jahren, aber all diese gelegentlichen Anknüpfungen führten 
weder zu näherer Bekanntschaft noch zu einer Herstellung festerer Verbindungen. 
Die Besucher wurden wohl zum größten Teil freundschaftlich empfangen, aber 
stets kam das große Mißtrauen der Ovambo unverhohlen zum Ansdruck, das von 
portugiesischer Seite noch offensichtlich geschürt wurde. Hiermit kommen wir zur 
Besprechung des portugiesischen Einflusses im Ambolande, der stets für uns 
Deutsche von besonders nachteiliger Wirkung gewesen ist. Ich habe in meinen 
zahlreichen Büchern und anderen Veröffentlichungen vom Jahre 1899 an immer 
wieder darauf hingewiesen, daß es eine der wichtigsten Pflichten der deutschen 
Regierung sei, diesen zersetzenden Einfluß der Portugiesen ans dem deutschen 
Ambolande endgültig zu verbannen. Wenn anch heute in diesen Gebieten nicht 
mehr die ungehenerlichen Verhältnisse herrschen mögen, wie sie noch kurz vor der 
Jahrhundertwende von den im Ambolande lebenden Missionaren bestätigt wur- 
den, und die in offenem Sklavenhandel gipfelten, so ist doch auch die heu- 
tige Lage noch traurig genng. Da die deutsche Regierung bisher auf jede Macht- 
entfaltung im Ambolande verzichtet hat, durchziehen heute wie damals zahlreiche 
portugiesische Händler niedrigster Gattung, die große Vorräte von Schnaps, Ge- 
wehre, Munition und Pferde mit sich führen, das Land und erschüttern, vor allem 
durch den Schnapshandel, die Wohlhabenheit und Gesundheit der Bevölkerung. 
Abgesehen hiervon entziehen sie den deutschen wirtschaftlichen Unternehmungen 
im Süden aber auch noch zahlreiche Arbeiter, da sie zugleich als Anwerbungs- 
agenten für das portugiesische Angola tätig sind. Die Arbeitsverträge, die diese 
Lente mit den Ovambo abschließen, sind berüchtigt. Sie enthalten zum Teil so 
langfristige Arbeitsverpflichtungen, daß ihre Innehaltung einer Verschleppung in 
die Sklaverei gleichkommt. Erleichtert wird ihnen ihr Gewerbe durch die despotische
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.