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Regierungsform der Ovambohäuptlinge, deren unabänderlichem Entschluß nach
geltendem Recht und Gesetz die Entscheidung über das Schicksal, über Leben und
Tod ihrer Untertanen zusteht. Daher werden die Arbeitskontrakte — meist gleich
summarisch über eine größere Anzahl von Köpfen — fast stets nur mit irgend-
einem Häuptling abgeschlossen, der dann die Personen bestimmt, die willenlos in
den Vertrag einzutreten haben. Daß dieser jeder Menschlichkeit und jeder deut-
schen Handhabung widersprechenden Handlungsweise der portugiesischen Händler,
die noch dazu unberechtigte Eindringlinge sind, bisher nicht von der deutschen
Regierung mit den allerschärfsten Mitteln entgegengetreten worden ist, muß als
überaus bedauerlich und ganz unverständlich bezeichnet werden. Ebenso unverständ-
lich ist es, daß nun schon seit dem Jahre 1906 an der Verordnung „betressend
den Verkehr in und nach dem Ambolande“ festgehalten wird, deren 8 7 lautet:
„Bis auf weiteres ist der Zutritt in das Amboland überhaupt verboten.“ Da
diese Verordnung selbstverständlich überall streng durchgesührt wird, wo die Macht-
mittel dazu zur Verfügung stehen, ist ihre tatsächliche Folge die, daß vom Süden,
vom deutschen Schutzgebiet her, kein Mensch das Amboland betreten kann, wäh-
rend vom Norden, von der portugiesischen Grenze her, wo alle deutschen Macht-
mittel fehlen, der Zutritt jedermann offensteht. Als ich im März 1910 in
Tsumeb weilte, wurden mir über die Aufrechterhaltung dieser Verordnung höchst
verständliche Klagen von Farmern ausgesprochen, die im Norden und Westen
von Tsumeb, also an der Südostgrenze des Ambolandes saßen. Diese Leute be-
schwerten sich bitter über die oben erwähnten Folgen der Sperrverordnung, nach
der ihnen, da sie doch der dentschen Regierung bekannte Ansiedler seien und nur
mit gesetzmäßigen Waren, hauptsächlich mit Pferden, Handel treiben wollten,
der Zutritt zu den Ovambostämmen verweigert werde, während von Norden her
die Portugiesen das Land überschwemmten. In Ansehung dieser höchst unglück-
lichen Verhältnisse muß gesagt werden, daß die deutsche Regierung in ihrer Ovambo-
politik bis zum heutigen Tage eine Vogelstraußpolitik getrieben hat. Diese Politik
war gerechtfertigt zu den Zeiten der Gouverneure Leutwein und von Linde-
quist und während der Zeit des letzten großen Aufstandes bis zum Wieder-
erstarken der deutschen Herrschaft, also etwa bis zum Jahre 1908. Sie ist es aber
heute nicht mehr; einerseits in Rücksicht auf das deutsche Ansehen und ferner im
Hinblick auf die mannigfachen wirtschaftlichen Unternehmungen in Südwestafrika,
die zum großen Teil unter schwerem Arbeitermangel leiden. Wenn die Regierung
den vielfachen Mahnungen zu einer energischen Ovambopolitik öfter und auch
neuerdings wieder entgegengehalten hat, daß sie in einen Krieg mit den Ovambo
nicht eintreten wolle, so kann auch dieser Grund als ein dauernd stichhaltiger
nicht angesehen werden. Zunächst aber muß die Regierung mit aller Energie und
einwandfrei feststellen, ob denn überhaupt ein Krieg mit den Ovambo zu führen
sein wird, wenn es sich um die endgültige Entscheidung der Frage handelt, das
Amboland nun endlich in den Schutz und die Machtsphäre der deutschen Herr-
schaft einzubeziehen. Dieses Ziel muß unter allen Umständen in Kürze erreicht
werden. Wie im Lande selbst über diesen Punkt geurteilt wird, zeigt, daß, als
im vergangenen Jahre Gouverneur Seitz erklärt hatte, er halte es für frivol, mit
einem Kriege gegen die Ovambo zu spielen, in einer südwestafrikanischen Zeitung
erklärt wurde, man müsse darauf aufmerksam machen, daß nicht die Südgrenze,
sondern die Nordgrenze des Ambolandes die Grenze des südwestafrikanischen Schutz-
gebietes bilde.
Nun sind allerdings die Grenzverhältnisse Südwestafrikas gegen das portu-
giesische Angola gerade für das Amboland außerordentlich verwickelte und
schwierige. Während im Westen, vom Meeresstrande aus, der Kunenestrom die
Grenze zwischen Angola und dem Kaokobelde bildet, im Osten, von der Landschaft
Ombongo an, der Okavango und endlich am Ostrande des Caprivizipfels der