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Bei der großen Unsicherheit die die politische Lage mit sich brachte, erschien
es praktischer, sich zusammenzuschließen, um sich verteidigen zu können. So
finden wir im Graslande größere Siedelungen, denen man die Bezeichnung
Stadt geben muß. Hänfig sind diese Siedelungen mit Graben, Wall und Mauer
umgeben und machen einen festungsartigen Eindruck. Sie haben bei der Be-
setzung des Landes eine große Rolle gespielt und häufig die Schutztruppen zu
energischem Einschreiten veranlaßt.
Die Befestigungen der Mohammedaner sind jetzt allgemein in Wegfall ge-
kommen, da die Eingeborenen eingesehen haben, daß sie doch dem Angriff der
Schutztruppe nicht standhalten können, zum Teil haben sich die Dörfer auch so
ansgedehnt, daß sie über die Befestigungen hinaus gewachsen sind. Die Neu-
anlage, auch schon die Erhaltung, erscheint zu mühsam, so daß jetzt die Städte
der Mohammedaner überall im Lande als offene gelten können.
Die Heidenstämme des Graslandes wohnen hänufig zerstrent in den zerrissenen
und zerklüfteten Felsen der Gneis= und Granithügel, die ihnen bei drohender
Gefahr einen vorzüglichen Zufluchtsort geben.
Entsprechend dem verhältnismäßig niedrigen Kulturstande, in dem sich die
Völker Kamernns befinden, sind auch ihre Kulturgeräte noch äußerst primitiv.
Die Handwerke werden fast überall von den einzelnen Familien betrieben,
so daß man von einer Hausindustrie sprechen kann. Ein Handwerk, das von allen
Stämmen gleichmäßig betrieben wird und in hoher Blüte steht, ist die Töpferei.
Es ist ja der Gegenstand, der am meisten gebraucht wird, weil er zur Bereitung
der täglichen Nahrung notwendig ist. Die Drehscheibe ist nirgends bekannt, und
trotzdem verstehen es die Lente, dem Topf eine fast genaue Kugelform zu geben.
Die Töpfe werden gebrannt und sind verhältnismäßig haltbar. Auch Färbung
ist bekannt, hauptsächlich rot und schwarz. Außer Töpfen werden Schüsseln,
Sattelbäume, Hocker und dergl. hergestellt.
Auch die Flechtarbeiten stehen auf einer verhältuismäßig hohen Kultur-
stufe. Man stellt Körbe, Matten, Teller und dergl. her, die ans Gras, Bast und
Palmblättern geflochten werden und zum Teil recht bunte und geschmackvolle Muster
tragen. Zuweilen sind diese Flechtereien noch mit Lederstückchen verziert.
Eine Industrie, die hauptsächlich in den Händen der Männer ruht, sind die
Schnitzarbeiten in Holz, Knochen und Elfenbein. Sie stellen Schalen, Töpfe,
Nackenstützen, Stühle, Holzpfosten, Trommeln und Boote her. Besonders im Nord-
westen unserer Kolonie sind diese Schnitzarbeiten sehr gebräuchlich. Man sieht
bei den Häuptlingshütten große, vollständig geschnitzte Türpfosten und Firststämme.
Auch enorme Thronsessel, aus einem Stück geschnitzt und mit Perlen verziert,
werden in diesen Gebieten gefertigt. Aus Flaschenkürbissen werden alle mög-
lichen Geräte gefertigt, teils Schalen, teils Flaschen, mit gebrannten Mustern ver-
seheen und hänfig bunt gefärbt.
Zur Bekleidung werden Gewebe gefertigt auf ziemlich primitiven Webstühlen,
eine Industrie, die die Mohammedaner mitgebracht haben. Von ihnen haben sie
dann die Heidenstämme übernommen. Als Material dient Baumwolle, die im
Lande selbst angebant wird. Zur Färbung wird Indigo verwendet, der gleich-
falls im eigenen Lande gewonnen wird. Hin und wieder sieht man auch rote
und gelbe Farben. Seltener ist die Anfertigung von Rindenstoffen. Hierzu
wird von einer Fikusart ein ungefähr meterbreites Stück Rinde abgetrennt,
dann durch mehrfaches ins Wasserlegen und starkes Klopfen mit Holzhämmern
gedehnt und weich gemacht. Angenblicklich haben die billigen eingeführten Baum-
wollstosse diese Industrie fast ganz verdrängt.
Im Norden des Schutzgebietes spielt die Lederindustrie eine große Rolle.
Wenn auch nicht so gut wie in Enropa, so verstehen die Lente doch die Felle zu
gerben und machen aus ihnen eine große Anzahl von Gebrauchsartikeln, Sättel,