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nur unter Anwendung der Macht möglich. So ist es denn jetzt gelungen, auch in Küsten-
gegenden, die von den Regierungsstationen weiter entfernt sind, die Eingeborenen zu
friedfertigerem Leben und zur Aufgabe des Kannibalismus zu veranlassen. Heimtückische
Uberfälle kommen außerhalb dieser Gebiete aber auch heute immer noch vor und machen
Strafexpeditionen der Polizeitruppen erforderlich. Ja kürzlich wurde sogar der Plan
einer umfangreichen Verschwörung, welche die Niedermetzelung aller Weißen in und
usFriedrich-Wilhelms-Laud zum Ziele hatte, entdeckt. Es gelang aber noch rechtzeitig
Schutzmaßregeln zu ergreifen und die Anführer dingfest zu machen.
Daß bei einem Menschenmaterial wie die Papnas die Missionen einen schweren
Stand haben, liegt auf der Hand. Mancher ihrer Angehörigen wurde ermordet und
nachher gefressen. Die Zahl derer, welche dem Fieber zum Opfer fielen, ist ungewöhnlich
groß. Trotzdem ist es den unentwegten Bemühungen der Missionsgesellschaften beider
Bekenntnisse gelungen, wenn auch sehr langsam und in sehr bescheidenem Maße, einen
Einfluß auf die ihnen zugängliche Bevölkerung zu gewinnen. Die größte der Missions-
gesellschaften ist dic katholische Mission vom Heiligen Geiste. Sie arbeitet mit einem
Personal von annähernd 100 Weißen, darunter 40 Schwestern, und hat im Bezirk
Friedrich-Wilhelms-Hafen 15 Schulen, in Eitape 8. Es folgen dann die evangelische
Neuendettelsauer Mission mit einem Personal von 55 Weißen, die ihr Hauptquartier
in Finschhafen hat, und die evangelische Rheinische Mission mit 17 weißen Angehörigen.
Die Zahl der weißen Bewohner dieses großen Landes beträgt nach der letzten
Statistik nur 290. Sie ist aber in der Zunahme begriffen. Diese betrug für das Jahr 1911
51 Köpfe. Weiße Kinder, deren Fortkommen durch das Fieber sehr erschwert ist, wurden
in der letzten Statistik 34 gezählt.
Trotzdem in Kaiser-Wilhelms-Laud schon bald nach der Besitzergreifung mit großem
Eifer Plantagenkultur betrieben wurde, so ist die wirtschaftliche Entwicklung eigentlich
doch noch erst im Anfangsstadium. Manche Kulturen haben sich im Laufe der Jahre als
ungeeignet und unrentabel erwiesen. Auch der unter den Kokospalmen als Zwischen-
kultur betriebene Banmwollbau hat nicht die gehofften Erwartungen erfüllt, trotzdem
das gewonnene Produkt in den ersten Jahren an Feinheit und Länge des Stapels wohl
befriedigte. Der Kaffeekultur ist es ähnlich ergangen, man hat auch sie aufgeben müssen.
Aus diesen Mißerfolgen der ersten Zeit ungünstige Schlüsse hinsichtlich der land-
wirtschaftlichen Bedeutung der Kolonie zu ziehen, wäre natürlich ganz verfehlt. Noch
lange nicht jede tropische Kultur eignet sich für jedes Tropenland, auch wenn scheinbar
ähnliche klimatische Verhältnisse vorliegen. Für solche anfängliche Feststellungen bedarf
es in jedem unbekannten Neulande mancher Jahre, zumal wenn das Pflanzungspersonal
wie in Kaiser-Wilhelms-Land unter dem Fieber entsetzlich zu leiden hat. Man braucht
nur einmal die älteren Jahresberichte der Neuguinea-Kompagnie durchzublättern und
ist erschrocken, wenn man am Ende jeden Jahres die Totenliste sieht. Jetzt haben sich
ja auch auf den Pflanzungen die hygienischen Verhältuisse ganz wesentlich gebessert,
so daß die Verluste bedentend geringer geworden sind, und auch die Pflanzungstätigkeit
mit größeren Erfolgen durchgeführt werden kann. Diese ist jetzt zur Hauptsache auf die
Kultur der Kokospalme, die sich als hervorragend geeignet erwiesen hat, sowie auf den
Anbau von Kantschuk und Kakao gerichtet. Das gesamte in Kaiser-Wilhelms-Land
kultivierte Plantagengebiet hat nach der letzten Feststellung einen Umfang von 6417 ha,
was bei der Größe des Landes ja noch anßerordentlich wenig ist. Hiervon sind 5003 ha
mit Kokospalmen bestanden, 821 mit Ficus elastica-Kautschul, 126 mit Hevea brasiliensis-
Kautschuk, 03 mit Castilloa-Kautschuk, 263 mit Kakao. Daneben werden in geringem
Umfang Sisalagaven, Reis und Teakholz angepflanzt.
Auf den Reisbau, der sich gut anuläßt, werden mit Recht große Hoffnungen gesetzt;
denn nur wenn dieser wirklich erfolgreich ist, darf man erwarten, ostasiatische Ansiedler
in größerer Menge dauerud zu gewinnen. Natürlich muß das Land vor einer gelben
Invasion geschützt werden, diese ist aber nicht zu befürchten. Es wird schwer genng sein,
eine kleinere Anzahl von Ansiedlern aus Asien herbeizuziehen, da auch diesen das Klima