Full text: Deutschland als Kolonialmacht.

  
240 a ccccccdd 
mittleren China und wird durch eine von Norden nach Süden gerichtete Linie, die etwa 
mit dem Tal des Wei-Flusses zusammenfällt, in zwei ganz verschiedene Gebiete ge- 
treunt. Der östliche Teil ähnelt mehr dem Gebirgslaud von Liantung, der westliche 
mehr dem Gebirge von Schansi, was seinen geologischen Ban anbelangt. Die Tren- 
nungslinie, von Richthofen die Kianlaisenke genannt, war in früheren Zeiten, als 
Kiantschon noch in Blüte stand, zur Anlage eines merkwürdigen Kanals vom äußeren 
nach dem inneren Gelben Meer benutzt worden, wir kommen auf ihn noch bei der 
Besprechung der Geschichte unseres Schutzgebietes zurück. Die Gegensätze zwischen 
Ost= und Westschautung sind aber noch erheblicher, in Ostschantung herrscht das Urgebirge 
vor, während in Westschantung auch spätere Schichtgesteine eine erhebliche Verbreitung 
finden. Dort licgen auch die von Richthofen schon erforschten und beschriebenen Kohlen- 
felder, dort findet sich auch der fruchtbare Löß, der in Ostschantung gänzlich fehlt. Das 
Gelände dieses Teiles der Provinz, in dem auch unser Schutzgebiet liegt, und deshalb 
unser Interesse in erhöhtem Maße in Anspruch nimmt, ist in seinen äußeren Umrissen 
ganz tresfend mit einem Kamelskopfe verglichen worden. Es stellt sich im wesentlichen 
so dar, daß sich das wellige Flachland der Kiaulaisenke im Innein der Halbinsel nach 
Osten fortsetzt und hier eine ausgedehnte Niederung bildet, deren Mittelpunkt früher 
der Pai-ma-See war (Sec des weißen Pferdes). Auf Richthofens Karte ist er noch 
verzeichnet, jetzt ist er verschwunden und in fruchtbares Ackerland umgewandelt. Die 
Randgebirge, welche diese Niederung umgeben und hanptsächlich aus Gneis bestehen, 
sind im Norden das Laigebirge, das nur nach der Mceresseite hin in ein sanftwelliges 
Vorland ausgeht, sonst aber in massigen, durch stark zerrissene und gezackte Kämme 
übergipfelte Formen aufstrebt. Seine Höhe überschreitet im Durchschnitt nirgends 
die von 400 m, der südwestliche Eckpfeiler, der Huang-schan, von den Europäern Elias- 
berg genannt, wird auf 750 m angegeben, im Osten schließt sich das aus Granit be- 
stehende, auf 1000 m Höhe geschätzte Aischan-Gebirge an, den östlichsten Teil der Halb- 
insel füllt der steil in das Mcer herabstürzende Kun-lun-schan aus (700 bis 000 m hoch). 
An ihrem südlichsten Teile zieht sich das Lau-schan-Gebirge entlang, das, steil aus dem 
Meere herausragend, vielfach zerstückelt ist, so daß die Meeresbuchten, wie die Bucht 
von Kiautschon, teilweise hindurchgreisen. Das Gelände unseres Schutzgebietes gehört 
ganz dem System dieses Gebirges an. Wir möchten bei dieser Gelegenheit nicht ver- 
fehlen, darauf aufmerksam zu machen, daß es mit den Namen der Gebirge und Flüsse 
in China eine heikle Sache ist. Nur die größeren Objekte dieser Art führen eine einheit- 
liche Bezeichnung, bei den übrigen kommen die mannigfaltigsten Namen vor. Ist es 
doch dem Schreiber dieser Zeilen selbst passiert, daß ein Fluß am rechten Ufer so, am. 
gegenüberliegenden ganz anders genannt wurde, ein anderes Mal hieß es: „der Fluß“, 
ein anderer war nicht in der Nähe. Im übrigen kennt die chinesische Sprache keinen 
Unterschied zwischen „Fluß“ und „Kanal“, beide heißen „ho“. Doch kehren wir nach dieser 
Abschweifung, die manche Mißverständnisse erklären wird, zu unserer Beschreibung zurück. 
Das Gestein des Lan-schan besteht der Hauptsache nach aus Granit, der ein vor- 
zügliches Material zum Hafen= und Häuserbau bietet, uund zum Teil auch zu diesem 
Zwecke ausgeführt wird; so wurde der Tsingtauer Granit zum Bau des englischen Klubs 
in Schanghai ausersehen. Das Gebirge macht in seiner Ranheit und seinen bizarren 
Bergformen, auf die schon die Namen: „Fünfsingerspitze, Dreizack, Steinerne Säge“ 
hinweisen, einen eigentümlichen Eindruck, der sich dem Besucher unserer ostasiatischen 
Kolonie sofort einprägen wird. Sein Steilabfall in das Moer, der stellenweise kaum 
einer Straße Raum gibt, erinnert an einzelnen Teilen an die Rivicra. Die Durch- 
schnittshöhe beträgt 700 m, der höchste Gipfel der Lan-ting (ting —= Gipfel) ist so hoch 
wie der Brocken annähernd (1130 m). Die Fortsetzung am südlichen Teile der Bucht 
ist bedentend niedriger (bis zu 200 m). Sein Name bedentet zu Deutsch „beschwerliches 
Gebirge“, doch ist seit Beginn der Schutzherrschaft die Unwcgsamkeit wesentlich ver- 
ringert worden, was auch in militärischer Hinsicht von Bedeutung ist. Vorläufig führt 
allerdings nur ein einziger Fahrweg über den Gebirgskamm, durch den 421 m hohen
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.