Full text: Deutschland als Kolonialmacht.

  
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Über die Flüsse unseres Schutzgebietes ist nicht viel zu sagen. Sie haben alle das 
gemeinsame Merkmal, daß sie nur in ihren Quellgebieten ständig Wasser führen, zur 
Regenzeit schwellen sie dagegen an und führen gewaltige Wassermengen zu Tal, wie 
ein Wildbach Gesteine und Erde mit sich reißend, um sie im Meere abzulagern. Die 
übrige Zeit des Jahres liegen die unverhältnismäßig breiten Sandbetten trocken da und 
können an gewissen Stellen jederzeit passiert werden; das Wasser sickert jetzt unter- 
irdisch zu Tal, so daß es durch Pumpen gehoben werden kann. Auf diese Weise wird 
Tsingtau durch den Li-tsun-Fluß mit Wasser versorgt. Aus dem Gesagten geht hervor, 
daß die Wasserläufe als Verkehrsmittel nicht in Betracht kommen, eher bilden sie während 
der Regenzeit das Gegenteil, soweit keine Brücken vorhanden sind, denn ein Durch- 
furten ist wegen des Triebsandes mit Gefahr verbunden. Der bedeutendste Fluß, der 
Paiescha-ho, ist schon bei Beschreibung der Bucht erwähnt worden, in ihn münden noch 
auf der östlichen Halbinsel der Li-tsun-ho mit seinem Nebenfluß, dem Tschang-tsun, 
sowie der Hai.po. Von den in das Meer gehenden Flüssen sind erwähnenswert der 
Tschu-wo-ho und der Prinzenfluß, von den Einwohnern der „Große Fluß“ genannte; 
sein Lauf ist aber nur 8 km lang, er durchfließt ein landschaftlich schönes Tal. Die Buchten, 
in die beide Flüsse münden, sind die von Scha“tsy-kou und der Lau-schan-Hafen, beide 
jetzt versandet und ohne Bedentung. Nur ein alter Wachtturm an der Küste sowie das 
verlassene Mamen eines Militärmandarins erinnern an die einstige Seeräubergefahr. 
Bei der Schilderung der Fauna und Flora unseres Schutzgebiets müssen wir zunächst 
festhalten, daß in einem alten Kulturland wie China, mit seiner dichten Bevölkerung, 
die ursprüngliche Vegetation und Tierwelt längst in den Hintergrund getreten ist. Dazu 
kommt noch eine andere charakteristische Erscheinung, auf die in diesen Zeilen schon 
hingewiesen wurde. Die Kahlheit der Berge, die Gestein und Erdreich mit sich führenden 
Flüsse, die zunehmende Versandung der Häfen, alles dies sind die Folgen der von 
Wegener richtig mit „sinnlos“ bezeichneten Waldverwüstung der letzten Jahrhunderte. 
Kahle Berge und üppiger Anbau in den Tälern und Ebenen das ist jetzt der Charakter 
von Schantung. Es gibt Wälder nur, wo ihnen der geheiligte Grund in der Umgebung 
von Tempeln einen Schutz gewährt hat (Richthofen). Die bei den Dörfern vorhandenen 
Obstplantagen machen den Eindruck der Kahlheit nicht wett, der sich dem Beschauer 
aufdrängt. Trotzdem sind die Bedingungen für eine günstige Entwicklung der Vege- 
tation wohl gegeben, wenn auch der Boden nicht die Fruchtbarkeit der Lößgegenden 
West-Schantungs erreicht. Wenn man aber nur einmal gesehen hat, mit welcher Gründ- 
lichkeit im Herbste die Chinesen mit einem für diesen Zweck konstruierten krallenartigen 
Rechen über den Boden fahren, um dem Erdreich alles bis auf die letzte Wurzel zu 
entreißen, dann wird einem klar, daß bei einem solchen Verfahren kein Baumwuchs 
sich entwickeln konnte. Doch ist darin eine Besserung insofern eingetreten, als die Be- 
völkerung selbst durch Anlage niedriger Nadelholzschonungen für eine Aufforstung gesorgt 
hat. Die Bäumchen werden selten höher als 2 bis 3 m und sind von krüppeligem Wuchs, 
ein Teil der Aste wird zeitweise abgehackt, um das unentbehrliche Brennholz zu liefern. 
Die zunehmende Kohlenprodunktion kann hierin im Laufe der Zeit einen Wandel herbei- 
führen. Die Aufforstungsarbeiten der deutschen Regierung erstreckten sich auf die 
Anpflanzung von Kiefern und hauptsächlich von Akazien, die rasch wachsen und bald 
ein brauchbares Grubenholz liefern, so daß unser bergmännischer Betrieb nicht mehr 
auf die Einfuhr aus Japan allein angewiesen ist. In der Nähe der Wasserläufe wurden 
Weiden gesetzt. Die Arbeiten hatten sehr unter dem passiven Widerstand der Bevölkerung 
zu leiden, der das Verständnis für den Nutzen der Aufforstung nur allmählich bei- 
gebracht werden konnte; auch muß der Kampf gegen den schädlichen Kiefernspinner 
geführt werden. Ob es aber gelingen wird, die höchsten Berggipfel wieder in ihr grünes 
Gewand zu kleiden, muß abgewartet werden; vorläufig gilt es, erst durch die Anlage 
von Grasstreifen den Humus wieder zu schaffen, der dort seit Jahrhunderten ver- 
schwunden ist. 
An sonst noch vorkommenden Hölzern verdienen Erwähnung: die zur Zucht des 
die Bastseide liefernden Spinners dienenden Eichen — zwei Arten — sowie der Bambus. 
16. 
  
  
 
	        
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