Full text: Deutschland als Kolonialmacht.

—— — ——. — — ———— 
Für Palmen ist das Klima zu rauh. Als Schmuck der Gräber wird der Lebensbaum 
velwandt. 
Die im Schutzgebiet vorlommenden Obstarten entsprechen denen in Deutschland. 
Duuch die Einfuhr von amerikanischem und europäischem Edelobst ist die Qualität ge- 
steigert worden, wic dies schon in Tschifn mit gutem Erfolg geschehen ist. Die sogenannten 
Tschifn-Apfel sind eine berühmte Spezialität in Ostasien. Bemerken möchten wir noch, 
daß den Chinesen das Keltern der Weintrauben unbekannt ist, ein dem Wein ähnliches 
Getränk wird aus Reis hergestellt. Der zur Seidenzucht unentbehrliche Maulbeerbaum 
breitet sich neuerdings mehr und mehr aus. 
An weiteren Nähr= und Nutzpflanzen neunen wir Weizen, Hinse, Sojabohne, Reis, 
Sesam, Hanf, Erdnüsse und die Baumwolle, sowie die Süßkartoffel, welche die Hälfte 
des Ackerbodens im Schutzgebiet einnimmt. Die Chinesen sind geschickte und emsige 
Landwirte, die Acker sind im Schutzgebiet oft in kunstvollen Terrassen dem Gebirge 
entlang angelegt. Eine Würdigung der einzelnen landwirtschaftlichen Produkte als 
Ausfuhrartikel soll in einem späteren Kapitel erfolgen. 
Die wilde Tierwelt beschränkt sich auf einige kleine Säugetiere, darunter die Hasen, 
die unter dem Schutze der Wildschonverordnung von 1905/10 zahlreicher vorkommen 
als sonst in China, wo ihnen ein gleicher Schutz nicht zuteil wird. Recht häufig sind eine 
große Reihe von Wasservögeln, was mit der Ausdehnung der flachen Strand= und Watt- 
gebiete an der Bucht zusammenhängt. An jagdbaren Landvögeln nennt die oben- 
erwähnte Wildschonverordnung unter anderen die Steinhühner, Wachteln, Fasanen, 
wilde Tauben, Drosseln, Schnepfen und die Trappen. An Raubzeng die Adler. 
Die Großviehzucht wird durch Einführung deutscher Bullen gehoben; Schweine 
werden gemästet und ausgeführt, Ziegen liefern treffliche Milch. Außerdem ist noch 
das Maultier zu nennen, dessen Zucht sich der Chinese befleißigt, während Pferde 
— Ponys — wie in ganz Nordchina, aus der Mongolei eingeführt werden. Rinder 
und Schafe werden zu Schlachtzwecken aus dem Innern gebracht. Die Entwicklung 
der Viehzucht in enropäischem Sinne ist durch den Mangel an Weideland und durch 
Seuchen besonders behindert worden. Das wirtschaftliche Leben des Volkes steht viel- 
fach noch in der Periodc der geschlossenen Hauswirtschaft, die alle Verbrauchsgegen- 
stände selbst erzeugt. Ein Güteranstausch ist erst in den Anfängen begriffen. 
Die nun folgenden Zeilen sollen sich mit der Bevölkerung unseres Schutzgebietes 
befassen, zunächst mit der einheimischen. Ubereinstimmend wird von den Kennern des- 
Landes, an der Spitze Richthofen, der Schantung-Chinese als intelligent und gutartig 
geschildert. Es ist ein Irrtum von den Chinesen im allgemeinen zu reden und ihnen 
gleichmäßig gute und schlechte Eigenschaften zuzusprechen. Wir vergessen, daß wir ein 
Reich mit 400 Millionen Einwohnern vor uns haben und die provinziellen Unterschiede 
größer sind als man denkt. Die seßhafte und wenig fluktuierende Bevölkerung hat, 
nachdem das Reich seine natürlichen Grenzen erreicht hatte, und die Vermischung mit 
den Ureinwohnern — in Schautung den Kian= und Lai-Barbaren — vollzogen war, 
ihren Wohnsitz nur dem Zwange folgend verändert. 
Der Familienkultus der Chinesen treibt ferner jede Sippe dazu, sich möglichst rein 
zu erhalten und jeden Einschlag fremden Blutes zu vermeiden. So haben sich in den. 
einzelnen Provinzen gewisse Typen gebildet, die dem aufmerksamen Reisenden, wir 
meinen nicht den sog. Globetrotter, auffallen müssen. Die Bevölkerung von Schantung 
nun ist ein dunkler, hagerer Menschenschlag, dem Handel weniger ergeben als dem Acker- 
bau, der Industrie und dem Landverkehr. Auch militärische Eigenschaften müssen ihr 
nicht fremd sein, denn Büaneschi-kai, der belannte Staatsmann der letzten Dynastie, 
deren Heer er organisiert hatte, und jetzige Präsident der Republik, bevorzugte neben 
seiner Heimatsprovinz Honau, Schautung als Ersatzgebiet. Seine Leibwache bestand 
seinerzeit in Tientsin nur aus Schantunglenuten. 
Fremde Einwanderungen sind aus der Geschichte mehrfach nachgewiesen, so im 
13. Jahrhundert aus der Provinz Hupei, im 15. Jahrhundert aus Yünnan und Se-
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.