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englische Regierung sich im Jahre 1842 die Abtretung des menschenleeren Eilandes
Hongkong erzwang, geschah es in der Absicht, einen von den chinesischen Zollchikanen
nnabhängigen Handelsplatz zu gewinnen, der sich übrigens anfangs so wenig rentierte,
daß nach fünf Jahren seine Rückgabe im Parlament erwogen wurde. Seit 1854 besteht,
nun in China die Seezollbehörde, die mit europäischen Beamten ausgestattet, unter
europäischer Oberleitung an Zuverlässigkeit allen Anforderungen genügt. Die- Lage
hatte sich also verschoben, es lag für Dentschland kein Grund vor, sich unnötig von einem
Lande, dessen unmittelbarer Bestandteil Tsingtan war, abzuschließen. Es besteht auch
in Hongkong schon ein chinesisches Zollamt, zwar nicht offiziell anerkannt, so doch ge-
duldet. Die wachsende Zahl der chinesischen Firmen, die sich dauernd im Schutzgebiet
niederlassen, beweist deutlich das Zutrauen der Chinesen zu dem Handel von Tsingtan.
Der für unser Schutzgebiet so notwendige Hafenbaun wurde 1890 von staatlicher
Scite in Angriff genommen, und 1004 konnte die erste Mole der Benutzung übergeben
werden, bald darauf wurde die zweite fertiggestellt, und drei weitere sind noch geplant.
Die sertige Kailänge beträgt 2 km. Eine Werft mit einem Hebekran für 150 t Gewicht
und ein Schwimmdock von 125 m für Schiffe bis zu 16 000 t geeignet, vervollständigen
nebst den nötigen Leuchttürmen und anderen Hafensignalen die technische Einrichtung.
Beide Molen sind durch Geleise an die Schantung-Eisenbahn angeschlossen, an be-
quemen Lösch= und Ladeeinrichtungen steht der Tsingtauer Hafen in Ostasien an erster
Stelle. Den Bedürfnissen der chinesischen Dschunkenschiffahrt genügt ein zweiter
kleinerer Hasen, südlich des großen gelegen. Im Jahre 1911/12, von Oktober zu
Oktober gerechnet, liefen 727 Schiffe mit 1136 012 Regiftertonnen ein gegen 590
Schiffe mit 1 025 267 Registertonnen im Vorjahre, so daß die Zunahme 137 Schiffe
und 110 745 Registertonnen beträgt.
Wenden wir uns nun dem Bahnbau und der bergmännischen Erschließung des
Landes zu. Beides wurde privater Seite überlassen. Die im Juni 1809 zu Berlin
mit einem Kapital von 54 Millionen Mark gegründete Schantung-Eisenbahngesellschaft
begann zunächst den Bau der eingleisigen Strecke Tsingtan—Tsinanfu in einer Länge
von 435 km. Die ersten Spatenstiche in Tsingtan tat Se. Kgl. Hoheit Prinz Heinrich
mit den Worten: „Nach dem Innern des Landes, nach dem Meer und nach der neuen
dentschen Heimat Tsingtan.“ Der Ban der Linie erfolgte im allgemeinen nach den
Vorschriften der Vereinbarungen des Vereins Dentscher Eisenbahnverwaltungen,
für die Konstruktion der Brücken und des Betriebsmaterials an Lokomotiven und Wagen
der verschiedenen Arten find die von der Kgl. Prenß. Staatseisenbahnverwaltung
feftgesetzten Bedingungen maßgebend gewesen. Die Spurweite ist die Normalspur
von 1,435 m. Das gesamte Eisenbahnmaterial mit Ansnahme des Banholzes und der
Steine ist aus Deutschland bezogen worden. Technische Schwierigkeiten bereiteten
die Uberbrückungen der zahlreichen Wasserläufe, auf deren Eigentümlichkeiten wir schon
im ersten Kapitel hingewiesen haben; die Steigungen der Bahn sind gering. Trotz
der Boxerunruhen, die eine vorübergehende Unterbrechung des Bahnbaues notwendig
machten, war der Ban denuoch am vorbestimmten Termine, 1. Juni 1904, vollendet.
Der Ausgangsbahnhof liegt in der Europäerftadt Tsingtau und sieht auf den ersten
Blick mehr einer Kirche als einem Profangebäude gleich. In einem nach Norden aus-
greisenden Bogen erreicht sie bei 74 km Kiantschon, bei 183 km die große Handelsstadt
Weihsien, von da an berührt sie, dem Nordrande des Gebirges folgend, Tsing-tschon-fu,
den Hauptort der Mohammedaner in Schantung, den Seidenplatz Tschoutsun sowie
schließlich die Hauptstadt Tsinanfu. Nicht nur die beiden Hanptorte der Provinz werden
durch die Bahn verbunden, sondern Gegenden, die zu den fruchtbarsten gehören, werden
dem Verkehr erschlossen, und eine Zweigbahn von Tschangtien nach Poschan öffnet
das dortige Kohlenlager sowie die altberühmte Glasindustric enropäischer Tätigkeit
und belebendem Einfluß.
Der Hauptgedanke bei dem Ban der Bahn war die Zuführung der Schantung-
kohle nach Tsingtau sowie die Beförderung von Handelsgütern. Der Personenverkehr