r —
Die für die englische Seite gewonnenen Joß= und Hickoryneger hatten das
Dorf des den Deutschen treu gebliebenen King Bell niedergebrannt, die Deut-
schen verhöhnt und ihre Flagge beleidigt?). Es war die höchste Zeit, tatkräftig
einzuschreiten, das deutsche Ansehen wiederherzustellen und den Deutschen Sicher-
heit zu verschaffen. Konteradmiral Knorr ließ deshalb 330 Mann mit vier Ge-
schützen unter Kapitän zur See Karcher landen mit dem Befehle, Joßtown und
Hickorytown zu nehmen und letzteres niederzubrennen, sowie die Häuptlinge der
Hickoryneger lebend oder tot einzubringen.
Am 21. Dezember früh morgens ging die Landung vor sich, von der „Bis-
marck“ mit sieben, von der „Olga“ mit vier Booten, die je von einem der den
deutschen Kaufleuten gehörenden Dampfer „Fan“ und „Dualla“ in Schlepp ge-
nommen wurden und den Kamernnfluß hinaufdampften. In Joßtown war eine
weiße Flagge geheißt; man ließ es deshalb zunächst liegen und fuhr nach Hickory-
town. Schon von weitem sah man einen lebhaften Kanoeverkehr, mit dem Neger
aus Hickorytown nach dem durch eine sumpfige Niederung davon getrennten Orte
Old King Belltown flohen, wo sich eine englische Missionskirche befindet. Hier
landeten die „Bismarck“boote, während die von der „Olga“ dies bei Hickory-
town taten und einen Kutter nach dem Mungoflüßchen entsandten, um die Ein-
wohner nach dieser Seite am Entfliehen zu hindern. Kapitänlentnant Riedel
(Olga) ging nun gegen Hickory vor und wurde mit Flintenschüssen empfangen.
Der Widerstand zeigte sich jedoch nur schwach, denn die meisten Bewohner waren
entflohen. Der Ort wurde in Brand gesteckt; als er in Flammen stand, kam
eilends ein Boot mit einem Agenten der dentschen Faktoreien mit der Meldung,
daß ein Deutscher, namens Pantänius, von den Joßleuten gefangen sei. Da
man von der Bismarckabteilung, welche vorher lebhaft gefeuert hatte, nichts mehr
hörte, schiffte Kapitänleutnant Riedel seine Leute sofort wieder ein, um sich den
Bismarckmannschaften anzuschließen. Die von ihm vorausgeschickte Dampfpinasse
wurde bei Belltown gleich mit hestigem Gewehrfeuer empfangen, brachte dasselbe
jedoch mit ihrem Revolvergeschütz sehr bald zum Schweigen und die Neger flohen.
Die Bismarckabteilung hatte vor der Landung bei der Mission ebenfalls
Feuer erhalten, aber nur vereinzelt. Einige Granaten aus den Bootsgeschützen
hatten den Widerstand bald beseitigt und die Mannschaften konnten ungestört landen.
Sie wurden in drei Züge geteilt, deren einer gegen die Stadt marschierte, wäh-
rend die beiden anderen etwaigen Flüchtlingen den Weg abschneiden sollten. Es
wurde hier kräftiger Widerstand geleistet, jedoch unsere schnell vorgehenden Truppen
trieben den Feind unaufhaltsam vor sich her und zündeten den Ort an, wenn-
gleich sie Verluste erlitten. Das Fener des brennenden Ortes griff so schnell um
sich, daß die Mannschaften einen anderen Weg zum Rückmarsch wählen mußten,
als plötzlich ein großer Haufe bewaffneter Neger sich vor ihnen zeigte. Schon
wollte man eine Salve auf sie geben, als man die Leute von König Bell in
ihnen erkannte, die den unserigen zu Hilfe eilten, sich dann aber zunächst an
die Plünderung von Belltown machten, was ihnen wichtiger erschien. Die Deut-
schen hatten einen Toten, vier schwer und drei leicht Verwundete. Leider hatten
die Joßlente den Deutschen Pantänius ermordet.
Bei einer abermaligen Landung am folgenden Tage gelang die Gefangen-
nahme eines Häuptlings, der auf „Olga“ gelegt wurde.
Es zeigte sich im übrigen, daß Engländer und Missionare ihre Hand im
Spiele gehabt hatten.
Admiral Knorr erließ nun eine Proklamation und sandte sie zur Kenntnis
an den englischen Vizekonsul, des Inhalts, daß fortan jeder Ruhestörer, gleich-
gültig von welcher Nationalität, sofort aus dem Schutzgebiet ausgewicesen werde
*7) Zum Teil aus „Das Buch von der deutschen Flotte“, von R. Werner.