Full text: Deutschland als Kolonialmacht.

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nach Kalkfontein-Sühd banen zu lassen. Es ist nicht ausgeschlossen, daß sie sich 
in absehbarer Zeit auch in ökonomischer Beziehung dadurch bezahlt machen wird, daß 
sie die Möglichkeit zum Abbau der im Süden, im unteren Fischflußgebiet vorhandenen, 
bisher erst zum Teil bekannten mineralischen Lagerstätten eröffnet. Diese Strecke 
Seeheim—Kallkfontein fällt bereits unter die Linien, die durch die große Dernburg- 
sche Eisenbahnvorlage von 1908 angefordert wurden. Ihr wichtigster 
Ertrag für Südwestafrika war die Nord-Südbahn zwischen Windhuk und Keet- 
manshoop, seit deren Vollendung 1912 das Eisenbahnnetz erster Ordnung in der Kolonie 
als annähernd verwirklicht betrachtet werden kann. 
Ostafrikaha seinen ersten dürftigen Anfang im Eisenbahnbau mit wiederholten 
Anläufen zu der kurzen Strecke von Tanga bis an den Fuß des Hochlandes von West- 
usambara, der sog. Usambarabahn, gemacht. Der Ursprung dieser Linie reicht noch 
in die Zeit vor Stübel zurück. Unerfahrenheit, Ungeschick und Kapitalmangel ließen 
jahrelang die Fehler beim Bau der Usambarabahn sich so häufen, daß es zeitweilig den 
Anschein hatte, als ob die Arbeit halbvollendet liegen bleiben würde. Schließlich wurde 
sie mit Mühe bis Mombo, noch nicht 150 km von der Küste entfernt, fertiggestellt, und 
was Sachverständige von Anfang an vorausgesagt hatten, das zeigte sich in der Praxis, 
sobald der Bau erst den Fuß des Usambarahochlandes erreicht hatte: ohne ein System 
fahrbarer Straßen, das von der Bahnlinie nach Ost-- und Westusambara hineinführte 
und das Bergland erschloß, war die Usambarabahn für Usambara selbst so sehr viel 
nicht wert. Man fing auch an Wege zu bauen, aber der Fortschritt dabei war so langsam, 
entsprechend den darauf verwandten geringen Mitteln und dem noch geringeren Eifer 
voranzukommen, daß niemand sich einer Täuschung darüber hingeben konnte, daß an 
den verantwortlichen und maßgebenden Stellen überhaupt keine ernstliche Vorstellung 
von der Notwendigkeit der Arbeit bestand. Denselben Eindruck in verstärkter Form 
erweckte die offen zutage tretende Abneigung des Gouvernements von Ostafrika, als 
die Frage der Fortsetzung der Usambarabahn bis ins Kilimandjarogebiet sich erhob. 
Ein winziges Stück, wenige Dutzend Kilometer, sollte die Bahn weitergebaut werden, 
und dann eine Fahrstraße nach dem Kilimandjaro sich anschließen. Tatsächlich wurde 
mit dem Straßenbau unüberlegter Weise begonnen und eine Menge Geld völlig nutz- 
los zu einer Zeit dafür ausgegeben, wo kein Einsichtiger mehr im Zweifel sein konnte, 
daß die Kilimandjarobahn trotz alles Widerspruchs kommen würde. Gegenwärtig ist sie 
bis zur Station Moschi, wo die Bezirksverwaltung ihren Sitz hat, fertiggestellt, 
muß und soll aber bie Aruscha im Merngebiet verlängert werden, erstens um aus 
dem Tsetsegürtel herauszukommen, der sich in dem wasserreichen Buschgebiet am 
Fuß der Vulkane füdöstlich und südlich um sie herumzieht, und zweitens um den 
Merusiedlungen Anschluß an den Verkehr mit der Küste zu geben. Soweit die Tsetse- 
fliege vorkommt, ist es nicht möglich, tierische Zugkräfte im Anschluß an die Bahn zur 
Wirkung zu bringen; außerhalb der Tsetsestriche kann im ganzen Norden des Hochlandes 
von Ostafrika der von den dort angesiedelten Buren eingeführte Ochsenwagenverkehr 
mit Vorteil noch weiterentwickelt werden. 
Die Hauptsache für die Erschließung Ostafrikas durch Eisenbahnbau war aber nicht 
die Kilimandjaro- oder Nordbahn, deren Weiterbau bis zum Victoriasee uns im Zu- 
sammenhang mit den übrigen noch schwebenden kolonialen Eisenbahnfragen beschäftigen 
wird, sondern die Zentralbahn. Ein Blick auf die Karte von Ostafrika lehrt, daß 
dieses ganze Gebiet zwei Küstenlinien hat, eine äußere am Indischen Ozean und eine 
innere, die sog. Gegenküste, an den großen Süßwasserbecken: dem Vietoriasee, dem 
Tanganjika und dem Njassa. Der Verlauf der ostafrikanischen Aufschließungsbahnen ist 
also von der Natur selbst insofern zwingend vorgezeichnet, als sie die ozeanische und die 
innere Gegenküste in Verbindung miteinander bringen müssen. Jedes der großen 
zentralafrikanischen Seebecken bildet für sich ein Sammelgebiet des Binnenverkehrs; 
erhält es durch eine Bahnlinie Anschluß aus Weltmeer, so wird sein Verkehrswert noch 
vervielfacht. Am ersten war natürlich auch in Ostafrika Eugland auf dem Plan. 
  
 
	        
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