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fortgeführt, bevor Klarheit darüber geschaffen war, ob sich in der Fortsetzung der ge-
wählten Trasse ein brauchbarer, d. h. finanziell und betriebstechnisch erschwinglicher
Aufstieg auf das Hochland finden würde. Als man darauf zu suchen anfing, zeigte sich,
daß außerordentliche Schwierigkeiten vorhanden waren, und bis jetzt, Sommer 1913,
ist es nicht geglückt, eine geeignete Stelle ausfindig zu machen. Das kann von den
Unangenehmsten Folgen für die Erschließung von ganz Nordkamerun werden, denn
wenn es tatsächlich nicht gelingen sollte, im Zuge der Manengubalinie das Hochland
von Nordwestkamerun zu erreichen, so würde das die Notwendigkeit bedeuten, entweder
in der Nachbarschaft von neuem anzufangen, oder von der im Ban begriffenen Mittel-
landbahn aus mit einem weit ausholenden Umweg dem Ziel sich zu nähern.
Die Kameruner Mittellandbahn gehört gleichfalls zu den Er-
rungenschaften der Dernburgschen Vorlage von 1908. Sie ist im Prinzip richtig ge-
dacht, kann aber in der Weise, wie ursprünglich geglaubt wurde, ihr Ziel, die Auf-
schließung des Zentrums der Kolonie, nicht erreichen. Kamerun leidet, wie die meisten
Randgebiete Afrikas, daran, daß die Flüsse durch Stromschnellen und Fälle im Unter-
lauf für den Verkehr unbrauchbar gemacht werden. Im Inneren, auf dem Hochlande,
sind sie größtenteils auf längere Strecken schiffbar. Die wichtigste Wasserader auf der
Grenze von Süd= und Mittelkamerun ist der Njong, der, von Widimenga aufwärts,
einige Hundert Kilometer mit kleinen Dampfbooten und europäischen oder einheimischen
Frachtkähnen befahren werden kann. Man entwarf also den Plan, die Mittelland-
bahn bis Widimenga am Nijong zu bauen, dann den Njong als weitere Teilstrecke des
zentralen Verkehrssystems zu benutzen und vielleicht von seinem vom Oberlauf mit
einer kurzen, nur etwa 60 km langen Bahn zum Dumefluß hinüberzugehen, der in
den Kadel fließt, durch diesen zum Sanga und durch den Sanga zum Kongo hinüber-
leitet. Bald aber stellte sich heraus, daß der Njong zwar als Verkehrsmittel zweiter
Ordnung nicht wertlos ist und als Zubringer für eine Eisenbahn gute Dienste leisten
kann, daß aber seine Schiffbarkeit doch nicht ausreicht, um ihn als Hauptfaktor in den
zentralen Verkehrsorganismus des Landes einzustellen, und außerdem konnte vom
Dume—Kades als Verbindungsweg zum Kongo bei näherem Zusehen nicht die Rede
sein, weil der Dumo einen ziemlichen Teil des Jahres zu wasserarm und der Kader
auf dem damals französischen Gebiete durch zahlreiche Stromschnellen gesperrt ist.
Wenn also jetzt von der Mittellandbahn die Rede ist, so herrscht zwar noch keinerlei
Klarheit über ihre Weiterführung vom Njong ab, aber daran kann kein Zweifel mehr
sein, daß die Kombination der Bahn mit dem Njong als Kameruner Verkehrsmagistrale
aufgegeben werden muß. Wie sehr anßerdem die Eisenbahnaufschließungspläne für
Alt= und für Neu-Kamerun im Unklaren liegen, werden wir weiter unten bei der Be-
sprechung der noch schwebenden kolonialen Verkehrspläne sehen. Einstweilen sei nur
angemerkt, daß sich auch bei der Linie Duala—Widimenge die großen Schwierigkeiten,
die das Kameruner Waldland dem Bau von Eisenbahnen entgegensetzt, darin gezeigt
haben, daß der vorausgesehene Kostenanschlag schwerlich ganz, und die Zeit, in der
man den Niong zu erreichen hoffte, nicht einmal annähernd eingehalten werden können.
Der durchschnittliche Baufortschritt hat bisher nur einige zwanzig Kilometer im Jahre
betragen, ein selbst für das tropische Afrika ungewöhnlich niedriges Ergebnis, das nur
während der ersten Jahre des Baues der Usambarabahn in Ostafrika noch nach unten
übertroffen wurde.
Am einfachsten haben bisher die Eisenbahnverhältnisse in Togo gelegen. Dort
war es notwendig, um der Gestaltung der Grenze gegen die englische Goldküstenkolonie
willen zunächst eine Absangbahn parallel zum Grenzverlauf zu bauen, weil sonst der
ganze Verkehr südwärts zu den englischen Häfen gegangen wäre, die auf dem schmalen,
Togo längs dem Meere vorgeschobenen Stück der englischen Nachbarkolouie liegen.
Die deutsche Togoküste ist nur ein Fünftel bis ein Viertel so lang, wie es der durch-
schnittlichen Breite des Hinterlandes entspräche. Aus dieser Rücksicht kam schon unter
Stübel die notwendigste aller Togobahnen, die Linie Lome — Palime zu-