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könnten, wenn einmal die Besitzverhältnisse oder die Verteilung der Interessensphären
in West- und Innerafrika andere sein könnten als heutzutage.
Zum kolonialen Verkehrswesen gehören nicht nur die Wege und Eisenbahnen,
sondern auch die Häsen. Diese haben uns in 30 Jahren, die unsere kolonialen Erwer-
bungen alt sind, Kopfschmerzen genug gemacht, namentlich an der afrikanischen Westküste.
Südwestafrika sschien anfangs außer in Angra Peqnena oder Lüderitzbucht über
keine deutsche Landungsstelle zugänglich zu sein. Jahrelang wurde alles, was nach den
mittleren Gebieten der Kolonie bestimmt war, in der englischen Walfischbai gelandet,
und als im ersten Witboikrieg zwei deutsche Geschütze hinaufgebracht werden sollten,
verweigerte der Magistrat in Walfischbai aus Gründen der „Neutralität“ einfach die
Durchfuhr durch das englische Gebiet. Solche Erfahrungen ließen natürlich eifrig nach
einem unabhängigen Landungsplatz suchen, und man fand eine Möglichkeit, Güter und
Personen mit Booten durch die Brandung zu landen, unmittelbar nördlich von der
Swakopmündung. So entstand Swakopmnnd. Als die Schmalspurbahn ins Innere
gebaut wurde, sah man ein, daß eine so primitive Landungsart nicht dauernd beibehalten
werden konnte und versuchte, durch eine steinerne. Mole einen kleinen Leichterhafen
zu schafsen. Das war ein mißglücktes Experiment, denn die Sandversetzung an der
südwestafrikanischen Küste durch die auflaufende Brandungswelle zeigte sich bald so
stark, daß in kurzer Zeit das Becken hinter der Mole versandet war. Die Kriegsverhältnisse
1904 bis 1906 mit ihrem massenhaften Landungsverkehr zwangen, eine schlennige
Abhilfe zu suchen, und diese wurde durch den Brückenbau, eine bewundernswerte Leistung
der Eisenbahntruppe, gefunden. Die von den Eisenbahnern während des Krieges
hergestellte hölzerne Landungsbrücke funktioniert heute noch; im nächsten Jahre wird
sie aber durch eine jetzt im Bau besindliche eiserne Brücke abgelöst werden. Vorüber-
gehend tanchten auch Pläne auf, einen wirklichen Hafen aus Swakopmund zu machen,
aber die Unsicherheit der technischen Berechnungen und die nicht abzusehende Höhe der
Kosten ließen die Entscheidung vorläufig doch für die neue Brücke fallen. Jetzt ist wieder-
holt davon die Rede gewesen, daß bei einer deutsch-englischen „Verständigung“ auch
die Walfischbai für uns abfallen könnte. Vor 30 oder 20 Jahren hätte sie uns genützt —
heute, wo viele Millionen in Swakopmund stecken, wäre sie mehr eine Verlegenheit
als ein Nutzen.
Am bevorzugtesten unter allen unseren Kolonien in Westafrika ist in bezug auf
seine Hafenverhältnisse Kamernn. Zwischen den beiden Landspitzen Snellaba und
Kap Kamerun öffnet sich im innersten Winkel des Golfs von Guinea eine 8 km breite
Einfahrt in ein haffähnliches Gewässer, das Kamerunbecken, in das sich eine Anzahl
kurzer, aber breiter und wasserreicher Küstenslüsse ergießt. Der wichtigste von ihnen ist
der Wuri, zu dessen Mündung eine schmale, mehrfach durch Barren erschwerte Fahr-
rinne durch das flache Becken hindurchführt. Der Wuri bildet einige Kilometer weiter
oberhalb den Hasen von Dualazz ist aber kurz vor der Stadt Dnala durch eine Barre
gesperrt, über die nur kleinere Fahrzeuge gefahrlos hinüberdampfen können. Die
Beseitigung dieses Schiffahrtshindernisses bildet die Hauptanfgabe des nun schon seit
sieben Jahren im Stadium des Projekts befindlichen Hafenbaus von Duala. Jenseits
der Barre ist sowohl bei Duala selbst, als auch bei dem gegenüberliegenden Bonaberi,
wo die Nordbahn ihren Anfang nimmt, so tieses Wasser, daß bequeme Anlageverhältnisse
für große Dampfer mit verhältnismäßig geringen Kosten geschaffen werden können.
Wie die meisten Kamernner Angelegenheiten, ist auch diese durch den unausgesetzten
Gouverneurswechsel und die in Kamerun infolgedessen fast zur Tradition gewordene
Verschleppung selbst der wichtigsten Probleme, viel länger liegengeblieben, als bei einer
normalen Verwaltung hätte geschehen dürfen. Es heißt, daß jetzt endlich, 1913, mit
den Arbeiten begonnen werden soll, aber es wäre schon lange Zeit gewesen. Nach dem
Urteil der Sachverständigen sind die technischen Schwierigkeiten unbedentend.
Auch abgesehen von Duala ist Kamerun mit seinen Landungsplätzen nicht schlecht
gestellt, jedenfalls viel besser als Südwestafrika. An der südlichen Küstenstrecke muß
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