Full text: Deutschland als Kolonialmacht.

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Geistlichkeit so lebendige Schöpfungen in den Kolonialgebieten hervorbringen können. 
An dem wirtschaftlichen Versagen der spanischen Kolonialpolitik sind Regierung und 
Nation gleichermaßen beteiligt. Handelspolitisch, industriell, in der inneren wie äußeren 
Siedlung, hat die spanische Nation eine geringere Begabung als die anderen großen 
Kolonialvölker der Erde bewiesen. Schon ans diesem Grunde mußte Spanien langsam, 
aber sicher in volks= und wirtschaftlicher Kraft hinter den anderen Völkern zurückbleiben, 
und hätte seine Weltmachtstellung niemals auf die Dauer behaupten können. 
Mit diesen entscheidenden Fehlern vereinigt das Spaniertum merkwürdigerweise 
einen Vorzug, der den Verlust politischer Macht beinahe ausgleicht. Es ist dies eine 
Kraft rassenmäßiger Durchdringung anderer Völker, die selbst das Angelsachentum in 
den Schatten stellt. Allen Kolonien verstand Spanien sein Wesen und seine Sprache 
derartig einzuprägen, daß sie alle, obwohl politisch meist längst eutfremdet, spanischen 
Charakter tragen. Enge Fäden verbinden das Mutterland noch jetzt mit allen Teilen 
des einstigen Kolonialreiches, und darum ist Spaniens Sprache noch immer eine Welt- 
sprache, und noch heute gibt es eine spanische Welt. Dies Beispiel mag mancher jungen 
Kolonialmacht wie der unserigen zum Vorbild dienen. Es bleibt eine ewige Wahrheit, 
daß einc verlorene Kolonie mit der Eigenart des Mutterlandes besser ist, als eine 
beherrschte, der das Mutterland seine Eigenart nicht aufzuprägen vermag. 
Die Niederlande. 
Im 10. Jahrhundert hatten die Niederländer den indischen Zwischenhandel Lissabons 
ganz in ihre Hand gebracht. Mit ihrem Ausschluß von diesem Handel 1585 durch Philipp II 
waren sie auf den direkten Handelsverkehr mit Indien angewiesen und damit von 
natürlichen Freunden natürliche Gegner der portugiesisch-spanischen Kolonialpolitik 
geworden. Dies äußerte sich zunächst in der Gründung mehrerer Handelsgesellschaften, 
die auf eigene Faust in den indischen Gewässern Handel trieben und der portugiesischen 
Herrschaft Abbruch taten. Sie verschmolzen 1602 zur Niederländisch-Ostindischen Kom- 
pagnie. Damit wurde die bedeutsamste der großen politischen Handelsgesellschaften 
ins Leben gerufen, die im 17. und 18. Jahrhundert die beliebteste Form der Kolonisation 
ausmachten und als deren letzte Vertreterin die Britisch-Südafrikanische Gesellschaft 
(Chartered Company) gelten kann. Für fast alle derartigen Unternehmungen hat die 
Niederländisch-Ostindische Kompagnic das Vorbild abgegeben. Sie erhielt von den 
Generalstaaten das alleinige Handelsmonopol für die Gebiete des Indischen und Stillen 
Ozcans, die politischen Hoheitsrechte über alle zu erwerbenden Besitzungen mit der 
Verpflichtung ihrer ordnungsgemäßen Verwaltung und militärischen Sicherung. 
Abgaben jeder Art zu erheben stand ihr frei. Das niemals veränderte Aktienkapital 
betrug 6½ Millionen fl. in Stücken zu 3000 fl., wovon die Generalstaaten 150 000 fl. 
als Anteil für die Verleihung des Monopols erhielten. Jedem Holländer war der Beitritt 
durch Erwerb von Aktien freigestellt. Dic aus Indien eingeführten Waren genossen 
abgesehen vom „Wagrecht“, Zollfreiheit und mußten öffentlich versteigert werden. 
Die vereinigten Gesellschaften behielten als Kammern gewisse getrennte Befugnisse, 
und wählten Direktoren, die in ihrer Gesamtheit (späterhin 60) die oberste Leitung 
bildeten. Der Schwerpunkt lag in Amsterdam. In den Kolonien hatte die Kompagnic 
zur Zeit ihrer höchsten Blüte den Generalgonverneur in Batavia (seit 1619) und sieben 
Gonverneure: Amboina, Banda, Molnkken, Malakka, Ceylon, Makassar und Kap der 
Guten Hoffnung. Neben dem Generalgonverneur wirkte als zweiter Beamter der 
Generaldirektor des Handels und neben jedem Gouverneur ein Oberkaufmann. Die 
Finanzverwaltung von Kolouien und Heimat wurde getrennt geführt. Die Einnahmen 
der ersteren setzten sich aus den Gewinnen am Verkauf europäischer Waren, den Steuern 
und später, mit der zunehmenden Freigabe des indischen Binnenhandels, Handelszöllen. 
zusammen. Hiervon wurden die Kosten der Militär= und Zivilverwaltung bestritten. 
Die Ausrüstung der Flotten im Mutterland und dortigen Verwaltungsansgaben bezahlte 
die heimische Zentrale mit dem Erlöse der indischen Waren. Die Kompagnie hat stark 
 
	        
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