Full text: Deutschland als Kolonialmacht.

  
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des an sich wehrhaften Mutterlandes hervorgerufen. Das Mutterland kann sich sehr 
wohl, wie schon die Spanier im 17. Jahrhundert erfahren haben, durch richtige Ver- 
wendung seiner Uberschwemmungsgebicte gegen einen weit überlegenen Gegner be- 
haupten. Um die Kolonien gegen äußere Feinde wirksam zu verteidigen, bedarf es 
aber einer Kriegsflotte, die den größten Seemächten der Erde gewachsen ist. Diese 
zu schaffen, übersteigt Hollands Kraft, und weil es seine Kolonien weder militärisch 
zu verteidigen noch wirtschaftlich zu entbehren vermag, geht durch sein ganzes Kriegs- 
wesen ein resignierter Zug. Der Großmacht, die seine Kolonien erobert, fühlt sich Holland 
selber ansgeliefert. 
Hat also der niederländische Kleinstaat mit seiner Kolonialpolitik, unähnlich Portugal 
durch größere Tüchtigleit und besseres Abwägen der Kräfte eine bedeutende wirtschaft- 
liche Stärkung erzielt, so bleibt doch das politische Endergebnis das gleiche, nämlich 
Verurteilung zur weltpolitischen Ohnmacht. 
England. 
Allgemeines. 
Die Pioniere Englands in der Kolonialpolitik sind Fischer und Seeräuber gewesen. 
Vom Hauptfischereihafen Bristol aus, in dem sich ständig Abenteurer aufhielten — auch 
Kolumbus versuchte von hier die englische Krone für seine Pläne zu gewinnen — nahm 
John Cabot, mit einem Schutzbrief versehen, Neufundland in Besitz. Im Zeitalter 
Elisabeths taten John Hawkins, der auch Sklavenhandel von Afrika nach Westindien 
betrieb, und Francis Drake durch Seeraub den Spaniern viel Abbruch. Des letzteren 
Weltumseglung 1577 bis 1580, der Untergang der Armada 1588, die Vernichtung einer 
spanischen Flotte im Hafen von Cadiz und dessen Plünderung unter Essex 1596 erhöhten 
das Selbstbewußtsein Englands bis zum Gefühl der Uberlegenheit zur See gegen das 
vor kurzem noch so gefürchtete Spanien. 
Die kolonialen Versuche Walther Raleighs in Virginia und dem Orinokkogebiet 
scheiterten zwar sämtlich, doch gelang es den Engländern bald, in Nordamerika festen 
Juß zu fassen, und eine rege Siedlungstätigkeit setzte ein. Als Kolonisationsform kannte 
man zunächst Eigentümer= und Freibrieskolonien. Erstere waren ungeheure Land- 
überweisungen an große Unternehmer, vielfach Mitglieder des höchsten Adels, die gegen 
geringe Abgaben — man konnte in den neuenglischen Siedlungskolonien keine schnellen 
Gewinne erwarten — ihre Gebiete den englischen Gesetzen entsprechend regieren sollten. 
Zu ihnen gehörten danernd oder zeitweise Virginia, Maryland, Pennsylvanien, Neu- 
york, Neu-Jersey, und haben sie sich zum Teil günstig entwickelt, da ihnen im Gegensatz 
zu den Freibriefkolonien der bei der Kolonisation im Anfangsstadium so ungemein 
wichtige Vorteil einheitlicher Leitung zugute kam. Als Freibriefkolonien erhielten 1606 
die Londoncompany das Gebiet vom 34. bis 38. und die Plymontheompany das vom 
41. bis 45. Breitengrad in Nordamerika zugewiesen. Diese Kompagnien blieben in 
Gesetzgebnug und Verwaltung viel abhängiger von der Krone als die Eigentümer, 
ihre Hauptrechte lagen in den Wirtschaftsmonopolen. Während sich aus der Plymouth= 
company nach allerhand Anderungen die Neuenglandstaaten entwickelten, wurden die 
Privilegien der Londoncompany 1624 wegen schlechter Verwaltung für verwirkt erklärt, 
und ihr Gebiet Virginien fiel au die Krone. Damit setzt die Tendenz der späteren Gesetz- 
gebung, die Kolonien nach Möglichkeit in Kronkolonien umzuwandeln, ein. In der 
ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts setzten sich die Engländer in heftigen Kämpfen mit 
den Spaniern in Westindien fest, 1672 nach verschiedenen Fehlschlägen in Gambia 
und Sierra Leone. Am 31. Dezember 1600 erhielt die später so bedentend gewordene 
Britisch-Ostindische Kompagnie ihren Freibrief und begann, sich aus kleinen Anfängen 
entwickelnd, erfolgreich ihr zunächst auf 15 Jahre festgesetztes Handelsmonopol zwischen 
dem Kap der Guten Hoffnung ostwärts bis zur Magellanstraße in Ostindien zu ver- 
  
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