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vom König ernannten, aber von der Kolonie bezahlten Generalgonvernenrs die Exekutive
zum Teil und die gesamten Streitkräfte zu Wasser und zu Lande, deren Kosten es
auch trägt. Den Selbstverwaltungskolonien ist es indessen unbenommen, sich eigene
Streitkräfte zu halten, deren Oberbefehl jedoch verfassungsgemäß ebenfalls dem General-
gouverneur zusteht. In der Praxis treten die mutterländischen Rechte so zurück, daß
das Band zwischen Heimat und Kolonie in Gemeinsamkeit der Sprache und Nationalität
oder bei anderen Stämmen im Zusammengehörigkeitsgefühl mit dem Angelsachsentum
gesucht werden muß. Dieses Band hat sich in der Tat als unzerreißbar erwiesen, und
Lord Durham hat die im Engländertum liegende, welterobernde und alles im Angel-
sachsentum zusammenschweißende Kraft richtig erkannt.
Weitere Erwerbungen. Freihandel und Kolonialpolitik.
Die große Ausdehnung der in koloniale Verwaltung genommenen Gebiete in der
ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts machte 1854 die Neuerrichtung eines selbständigen
Kolonialministeriums nötig, nachdem dieses 60 Jahre lang zu seinem Schaden dem
Kriegsministerium angegliedert worden war. Außer den bereits berichteten Erwerbungen
dehnten sich die Briten in Südafrika, unter Zurückdrängung der Buren auf das Gebiet
ihrer, bis 1902 selbständigen Staaten, in Kapland und Natal aus. In Indien hatten
Warren Hastings 1773 bis 1785, ähnlich brutal wie Clive, aber weniger auf eigenen
Vorteil bedacht, Bengalen gänzlich unterworfen und Richard Wellesley, der Eroberer
von Seringapatam, die letzte Macht einheimischer Fürsten gebrochen. Seine Nachfolger
bauten das Reich weiter aus. Charles Napier eroberte 1843 das untere Industal,
1846 den Pandschab. Lord Dalhonsie fügte 1852 einen großen Teil Birmas hinzu.
Inzwischen war die Charter der Ostindischen Kompagnie unter steter Verminderung
ihrer Rechte — das Handelsmonopol wurde ihr 1812 entzogen — noch einige Male
verlängert worden. Erst 1857 schlug ihre Schicksalsstunde, als unvermutet ein allgemeiner
Aufstand in Bengalen ausbrach, verbunden mit dem Abfall der Mehrzahl der einheimischen
Truppen, der sog. Sepoys. Die Regierung wurde völlig überrascht, und nur unter
größten Anstrengungen konnte der Aufstand niedergeschlagen werden. Die heimische
Regierung benutzte diesen Anlaß, um 1858 mit der Begründung der Unfähigkeit der
Gesellschaft, Indien zu regieren, die Aufhebung der Charter vom Parlamentezu erwirken
und Indien in eigene Verwaltung zu nehmen.
Im übrigen war das Zeitalter der fünfziger und sechziger Jahre der Höhepunkt
der Freihandelsbewegung und damit die Zeit des stärksten Zweifels am Nutzen kolonialer
Politik. Man hatte wohl die Notwendigkeit allmählicher Selbstverwaltung der großen
Siedelungskolonien eingesehen, glaubte aber noch nicht an deren Trene.“ Zudem fielen
mit dem Siege des Freihandels, an den seine Anhänger damals mit einer gewissen
Berechtigung glauben konnten, alle zollpolitischen Vorteile, und es blieben nur die realen
Kosten. Daß diese durch die Vorteile der Entwicklung heimischer Handels= und Verkehrs-
unternehmungen und der Rückwanderung wohlhabend gewordener Kolonisten mehr
als aufgehoben wurden, ließ sich statistisch noch nicht erfassen; man hatte wohl auch kein
Organ für ihre Bedeutung. Immerhin uuß anerkannt werden, daß die große Masse
des englischen Volkes im Grunde kolonialfreundlich und die Regierung meist fest blieb.
Allerdings suchte man die Kosten zu verringern und sah zeitweise von einer Ansdehnung
des bestehenden Besitzes ab. Besonders die auf Abwehr beschränkte afrikanische Politik
erhielt dadurch einen schwächeren Charakter.
Ehe die Bewegnung der britischen Weltpolitik gefährlich werden konnte, wurde das
in Konkurrenzlosigkeit beguem gewordene Großbritannien durch den erwachenden
Imperialismus der anderen Großmächte aufgeschreckt. Nicht uur setzte bei diesen in
den siebziger Jahren ernent die Schutzpolitik zur Eutwicklung ihrer Industrie ein, sondern,
Frankreich voran, betraten sie auch die Bahnen der Kolonialpolitik. Als sogar das bislang
uninteressierte Deutschland Ansang der achtziger Jahre plötzlich mit einer Anzahl Er-
werbungen in die koloniale Arena trat, griff auch der britische Löwe zu, und es begann