gerliche Recht der Eingeborenen auch im Verordnungswege geregelt, so z. B. in
Deutsch-Neugninea das Eherecht und in den afrikanischen Schutzgebieten das Recht
der Sklaven. Wenngleich Deutschland im Verein mit den übrigen Signatarmächten
der Brüsseler Antisklavereiakte von 1890 alles getan hat, um die Sklavenausfuhr
aus Afrika sowie die Sklavenjagden und den Sklavenhandel dort zu unterdrücken,
war es doch nicht möglich, auch den Eingeborenen das Sklavenhalten ganz zu ver-
bieten, da sonst schwere Erschütterungen ihrer wirtschaftlichen Verhältnisse unans-
bleiblich gewesen wären. Die Sklaverei wird deshalb einstweilen noch bei den
Eingeborenen in der milden Form der Haussklaverer geduldet. Es sind indes
Vorschriften ergangen, um die Lage der Sklaven zu verbessern, ihnen den Erwerb
der Freiheit durch Loskaufen zu erleichtern und die Sklaverei allmählich zum
Aussterben zu bringen. So ist z. B. in Dentsch-Ostafrika bestimmt, daß alle nach
dem 31. Dezember 1905 geborenen Kinder von Haussklaven frei sind. Ahnliche
Bestimmungen sind für Kamerun und Togo ergangen. Da die Herren zur Ge-
währung des Unterhaltes an die Sklaven verpflichtet und diese so der Sorge für
Nahrung und Wohnnng enthoben sind, pflegen sie übrigens selbst zumeist ihr
Los durchans nicht als ein besonders unerwünschtes zu betrachten.
Wie im Vorstehenden des Näheren erörtert, gilt für Weiße und Farbige eine
verschiedene Rechtsordnung. Es fragt sich’ schließlich noch, welches Recht anzu-
wenden ist, wenn Angehörige beider Rassen miteinander Verträge eingehen oder
in Streit geraten. Da das Schutzgebietsgesetz einschlägige Bestimmungen nicht ent-
hält, ist hierüber viel gestritten worden. Zu lebhaften Erörterungen hat nament-
lich die Frage Anlaß gegeben, ob Ehen zwischen Weißen und Eingeborenen (sog.
Mischehen) in der vom Schutzgebietsgesetz vorgesehenen und daher vom Stand-
punkt des dentschen Rechts aus allein rechtswirksamen standesamtlichen Form ab-
geschlossen werden können. Tatsächlich sind derartige Eheschließungen in einigen
Fällen in Deutsch-Südwestafrika (zwischen Weißen und Bastardmädchen) und in
größerer Zahl in Samoa erfolgt. Die Benrteilung der Frage gestaltet sich, da auch
kirchenrechtliche Gesichtspunkte hineinspielen, juristisch nicht einfach. Vom poli-
tischen Standpunkt aus sind derartige Verbindungen aber jedenfalls sehr uner-
wünscht, weil sie den weißen Teil herabziehen und sich die soziale Stellung der
Kinder äußerst schwierig gestaltet. Die Verwaltung hat sich deshalb jetzt auf den
Standpunkt gestellt, daß zwar die bisher geschlossenen Mischehen staatlich anzu-
erkennen seien, die Schließung neuer aber seitens des Standesbeamten regelmäßig
abzulehnen sei. Was die sog. Mischprozesse anlangt, so wird in der Praxis
angenommen, daß die Rasseneigenschaft des Beklagten darüber entscheidet, ob ein
Rechtsstreit vor den ordentlichen Gerichten oder den Eingeborenenrichtern zu ver-
handeln sei. Verklagt also ein Eingeborener einen Weißen, so muß er sich aus-
nahmsweise dem durch das Schutzgebietsgesetz eingeführten Prozeßrecht unter-
werfen, während im umgekehrten Falle der Weiße es sich gefallen lassen muß, nach
Eingeborenenrecht behandelt zu werden, soweit nicht durch besondere Vorschriften
ausnahmsweise ein anderes bestimmt ist. Endlich hat nach der herrschenden Mei-
nung, die anch der Absicht des Schutzgebietsgesetzes entspricht, für die materiell-
rechtlichen Beziehungen zwischen Weißen und Eingeborenen (auf dem Gebiete des
sog. Mischrechts) die dentsche Rechtsordnung ganz außer Anwendung zu bleiben,
so daß also mangels ausdrücklicher Vorschriften Gewohnheitsrecht maßgebend ist
oder richterliches Ermessen entscheidet. Die Befugnis, das Mischrecht, und soweit
nicht das Schutzgebictsgesetz Platz greift, auch die sog. gemischte Gerichtsbarkeit
zu regeln, ist vom Kaiser durch die oben erwähnte, die Eingeborenenrechtspflege
betreffende Verordnung vom 3. Inni 1908 ebenfalls dem Reichskanzler und den
Gouvernenren übertragen worden. Dabei ist gleichzeitig die Rechtsgültigkeit der
hierüber bisher von ihnen erlassenen Bestimmungen ausdrücklich bestätigt worden.
Da die Rechtsbeziehungen zwischen Weißen und Eingeborenen in dem Wirt-