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verbieten. Die Polizeiverordnungen haben, da sie allgemeine Vor-
schriften (Rechtssätze) enthalten, materiell den Charakter von Ge-
setzen. Die Polizeibehörden besitzen daher das Recht zum Erlaß
derselben nur, sofern es ihnen durch Gesetz ausdrücklich beigelegt
ist#. Eine solche Beilegung hat aber fast in allen, jedenfalls in
allen größeren deutschen Staaten stattgefunden’. Da die Polizei-
verordnungen namentlich dazu dienen sollen, das allgemeine Strafrecht
durch Bestimmungen lokalen Charakters zu ergänzen, so ist nach den
meisten Gesetzgebungen die Befugnis zu ihrem Erlaß nur den
Orts- und Bezirkspolizeibehörden eingeräumt, während die zentralen
Verwaltungsorgane Verordnungen mit Strafandrohung nur kraft einer
speziellen gesetzlichen Ermächtigung für den einzelnen Gegenstand
zu erlassen berechtigt sind!5. Im übrigen besteht zwischen der
Gesetzgebung der einzelnen deutschen Staaten ein Unterschied !®,
Die süddeutschen Staaten haben im Anschluß an die umfassende
Kodifikation ihres sogenannten Polizeistrafrechtes die polizeilichen
Verordnungsbefugnisse möglichst spezialisiert und überlassen den Be-
hörden nur den Erlaß der Gebote und Verbote, während die Strafe
im Gesetze selbst festgestellt ist. Dagegen erteilen das preußische
ı® Rosin, Polizeiverordnungsrecht? S. 64.
4 Preuß. G. über die Polizeiverwaltung vom 11. März 1850, $$ 5—19;
V. über die Polizeiverwaltung in den neu erworbenen Landesteilen vom 20. Sep-
tember 1867, $$ 5—17; Org.G. vom 30. Juli 1883 88 13645; Kr.O. vom
19. März 1881 $ 62; G. vom 12. Juni 1889 $ 3; Lauenb. G. über die Polizei-
verwaltung vom 7. Jan. 1870 88 6, 8, 11; Bayr. Pol,Str.G.B. Art. 1-15;
Sächs. & über Kompetenzverhältnisse zwischen Justiz- und Verwaltungs-
behörden vom 28. Jan. 1835, 8 2. St.O. 8$ 101, 102. St.O. für mittlere und
kleinere Städte Art. IV, $ 8. L.G.O. $ 72; Württemb. G. vom 27. Dez. 1871,
Art. 51-57; Bad. Pol.Str.G.B. 88 23—29; Hess. G., betr. die innere Verwal-
fung und die Vertretung der Kreise und Provinzen vom 12. Juni 1874 Art. 78
u. 79. St.O. vom 13. Juli 1874 Art. 56: S.-Weim. G., das Strafandrohungs-
recht der Polizeibehörden betr. vom 7. Jan. 1854. Nachtr. vom 7. Apr. 1889,
S.-Mein. Ed. die Verfassung und Verwaltung der Landgemeinden betr., vom
15. Aug. 1840; G. vom 31. März 1848, Art.1; S.-Altenb, Y,, die Erweiterung
des Geschäftskreises und der Kompetenzen der Kreishauptleute betr., vom 17. Okt.
1865; G., die Organisation der Verwaltung in den untern Instanzen betr., vom
13. Juni 187685; G., die Einführung des Institutes der Amtsvorsteher betr., vom
13. Juni 1876 $10; S.-Goth. G. über die Organisation der Verwaltungsbehörden
vom 11. Juni 1858 $$ 8, 31, 34; S.-Kob.G. über die Organisation der Ver-
waltungsbehörden vom 17. Juni 1858 $$ 8, 27, 30, 33; Oldenb. G., die Organi-
i des Staatsministeriums und einiger ihm untergeordneter Behörden betr.,
vom 5. Dez. 1868; G.O. vom 15. Apr. 1873 Art. 35. G., betr. die Einrichtung
der, Amter, vom 7. Jan. 1879 Art. 4; Braunschw. Kr.O. $ 7. St.O.$$ 2, 100;
. 88 4, 74; Anh. G. über die Polizeiverwaltung vom 1. Juli 1864 $$ 10,
18, 22, 23; G., dıe Bildung von Amtsbezirken betr., vom 7. Apr. 18788 8;
Schwarzb.-Sondersh. V., betr. Befugnis der Polizeibehörden allzemeine
Strafandrohungen zu erlassen, vom 29. ‚März 1854; Schwarzb.-Rudolst. G,,
betr. das Strafandrohungsrecht der Polizeibehörden und den Erlaß polizeilicher
Verordnungen vom 6. Dez. 1892 $ $—10; Schaumb.-Lipp. St.O.$52. G.vom
18. Dez. 1873. G. vom 22. Mai 1882 $ 1—5; Lipp. St. 8 73; Wald. Kr.O.
S 29, 88, 89; G., betr. die Befugnis der Landespolizeibehörden zum Erlaß von
olizeiverordnungen, vom 13. Jan. 1875. In Elsaß-Lothringen sind die früberen
französischen Vorschriften maßgebend. [Meyer-Anschütz $ 111.]
5 Ausdrücklich ausgesprochen in Preußen (G. über die allgemeine Landes-
verwaltung vom 30. Juli es $ 186), Auch die übrigen Gesetze gehen meist
von demselben Gesichtspunkte aus. Vgl. Rosin a. a. O. S. 189 ff.
10 Vgl. auch Rosin a. a. 0. S. 8