Full text: Lehrbuch des deutschen Verwaltungsrechtes.

Verwaltung der inneren Angelegenheiten. $ 21. 87 
Preußen, Baden und Württemberg auf einer Generalklausel®’. Mit 
der Einführung der Verwaltungsgerichtsbarkeit ist der Rechtsweg 
gegen polizeiliche Verfügungen beseitigt worden °®. Eine formelle 
Rechtskraft der polizeilichen Verfügungen besteht insofern, als 
derjenige, gegen den eine derartige Verfügung ergangen ist, dieselbe 
nach Ablauf einer gewissen Frist nicht mehr angreifen kann. Der 
Begriff der materiellen Rechtskraft dagegen findet auf Polizei- 
verfügungen keine Anwendung. Insbesondere ist die Polizeibehörde 
an die von ihr erlassenen Verfügungen nicht gebunden. Sie kann 
sowohl eine ergangene Verfügung zurücknehmen als eine zurück- 
genommene oder in der Beschwerdeinstanz aufgehobene von neuem 
erlassen. Nur wenn eine Verfügung durch verwaltungsgerichtliches 
Erkenntnis aufgehoben ist, ist ein wiederholter Erlaß derselben nicht 
zulässig. Dagegen darf die Polizeibehörde eine vom Verwaltungs- 
gericht bestätigte Verfügung zurücknehmen. Auch die Partei, 
welche mit einem Einspruch gegen eine polizeiliche Verfügung zurück- 
gewiesen ist, kann denselben bei einer neuen Verfügung desselben 
Inhalts wieder erheben ®®. 
2. Den polizeilichen Geboten und Verboten stehen die Er- 
laubniserteilungen (Konzessionen®%) gegenüber, die ihre be- 
deutendste Anwendung auf dem Gebiete des Gewerberechtes finden. 
Die Konzessionen sind polizeiliche Akte, durch die jemandem die 
Vornahme bestimmter Handlungen und zwar entweder die Errichtung 
von Anlagen oder die Ausübung persönlicher Tätigkeiten, gestattet 
wird. Sie setzen also voraus, daß die Handlung nicht jedermann 
erlaubt ist, mit anderen Worten, daß eine gesetzliche Beschränkung 
der allgemeinen Handlungsfreiheit besteht. Ihre Bedeutung liegt 
  
»ı In Preußen kann gegen polizeiliche Verfügungen nach Belieben des 
Verletzten entweder der Weg der Beschwerde bei der höheren Verwaltungs- 
behörde oder der Weg der Verwaltungsklage beschritten werden, und im 
ersteren Falle findet gegen die letztinstanzliche Entscheidung im Verwaltungs- 
wege stets noch die Klage beim Oberverwaltungsgerichte statt. Die Klage 
kann in beiden Fällen nur darauf gestützt werden, daß: 1. entweder die Ver- 
fügung durch Nichtanwendung oder unrichtige Anwendung des bestehenden 
Rechtes den Kläger in seinen Rechten verletze; 2. oder die tatsächlichen Vor- 
aussetzungen nicht vorhanden seien, welche die Polizeibehörde zum Erlasse 
der Verfügung berechtigt haben würden (G. über die allgemeine Landesver- 
waltung vom 30. Juli 1883, 88 127—131). Aus denselben Gründen ist in Baden, 
abgesehen von gewissen gesetzlich bestimmten Ausnahmefällen, die Anfechtun 
von Polizeiverfügungen Beim Verwaltungsgerichtshofe zulässig _(Verw.Ger.G. 
4. In Württemberg kann der durch eine polizeiliche Verfügung Be- 
troffene, kraft der Generalklausel des dortigen Gesetzes, dieselbe auf rund 
der Behauptung anfechten, daß sie rechtlich nicht begründet, und daß er da- 
durch in einem ihm zustehenden Rechte verletzt oder mit einer ihm nicht ob- 
liegenden Verbindlichkeit belastet sei. (Württ. G. Art. 13.) In Anhalt 
besteht eine Verwaltungsgerichtsbarkeit in bezug auf Polizeiverfügungen, ab- 
geschen von Spezialbestimmungen, nur in dem Umfangs, in dem früher der 
echtsweg beschritten werden konnte. 
»2 Preuß. L.V.G. vom 30. Juli 1883 $ 127. 
23 Preuß. O.V.G. 11, 397; 19, 382; 28, 163. 
3 4, Meyer, Art. Konzession, V.R.W. 1, 841; Gluth, Genehmigung 
und subjektives Recht. Arch. f. öf. R. 8, 568; Rehm, Die rechtliche Natur 
der Gewerbekonzession. 1889; Jellinek, System® 110 |Laband 8, 209°; 
OÖ. Mayer 1, 287]. 
  
  
 
	        
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