III. Heimats- und Niederlassungsrecht. $ 37. 119
4. Unterstützungswohnsitz'.
8 37.
Die jetzt geltenden Grundsätze über die Verpflichtung zur Armen-
unterstützung beruhen auf dem Gesetz über den Unterstützungs-
wohnsitz vom [30. Mai 1908 (R.G.Bl. S. 381)]®. Die Wirksamkeit
desselben erstreckt sich nicht auf Bayern. In Bayern beruht die
Pflicht zur Armenfürsorge auf dem Heimatsrecht ($ 41). Das Reichs-
gesetz ist durch Gesetze und Verordnungen der Einzelstaaten aus-
geführt und der Verwaltungsorganisation derselben angepaßt worden ®.
Die Organe der öffentlichen Armenpflege, d. h. die verpflichteten
Subjekte ‚ [durch welche die öffentliche Unterstützung geübt wird],
sind:
1. Die Ortsarmenverbände. Diese [können] aus einer oder
mehreren Gemeinden bzw. Gutsbezirken [oder Gutsbezirken und Ge-
meinden] bestehen *.
Die Landarmenverbände. Als solche fungieren entweder
die Bundesstaaten selbst, oder das Gebiet derselben ist in eine Reihe
‘räumlich abgegrenzter Landarmenverbände eingeteilt worden.
I Literatur: Krech, Art. Armengesetzgebung in Deutschland. H.W.B.? 2,
30; Seydel, Das Reichsarmenrecht. Annalen 1877 S. 545; Loening, Armen-
wesen H.P.Oe.* 8, II, 395; Münsterberg, Art. Armenrecht N.R.W. 1, 65; Armen-
verwaltung V.R.W. 1, 83; Unterstützungswohnsitz V.R.W. 2, 664; Arnold,
Die Freizügigkeit und der Unterstützungswohnsitz 1872; Rocholl, System
des deutschen Armenpflegerechtes 1873; Boehlau, Die Wandlung des Heimats-
rechtes in Mecklenburg-Schwerin. Jahrb. f. Nationalök. 19, 321; Kommentare
zum U,W.G.: Eger 6. Aufl. 1909, Krech, 7. Aufl. 1908, Wohlers-Krech.
11. Aufl. 1908; [Koppe 2. Aufl. 1908. v. Brauchitsch, Preuß. Verwaltungs-
gesetze 8, 17. Aufl. 1908]
Entscheidungen des Bundesamtes für das Heimatswesen (B.A.)
[Brunn, Die Rechtsprechung des Bundesamtes für das Heimatswesen 1908.]
* [G. über den Unterstützungswohnsitz (U.W.G.) vom 7. Juni 1870 (R.G.Bl.
S. 380), abgeändert durch G. vom 12. März 1894 (R.G.Bl. S. 259) und G. betr.
die Änderung des G. über den Unterstützungswohnsitz und die Einführun
dieses G. in Elsaß-Lothringen. Vom 80. Mai 1908 (R.G.Bl. S. 377). Das U.W.G.
tritt in Elsaß-Lothringen am 1. April 1910 in Kraft. Bis zu diesem Zeitpunkt
gilt auch Elsaß-Lothringen wie Bayern, und die Schutzgebiete als Ausland, denn
nach U.W.G. $ 1 sind unter Deutschen nur die Personen zu verstehen, die
dem Geltungsbereiche des G. angehören. — Das U.W.G. gilt laut V. vom
29. März 1909 (R.G.Bl. S. 335) vom 1. April 1909 ab auch in Helgoland. — Vgl.
auch R.G. betr. die Einwirkung von Armenunterstützungen auf Öffentliche
Rechte vom 15. März 1909.] , . , ,
3 [Die landesrechtlichen Bestimmungen sind sämtlich bei Krech im An-
hang übersichtlich abgedruckt. Die Ausführungsbestimmungen in den kleineren
Staaten sind vielfach den reußischen genau nachgebildet.]
* U.W.G. 88 24. 0 ie Gemeinden, nicht die Insassen des Ortsarmen-
verbandes sind die verpflichteten Subjekte; die einzelnen Gemeinden sind als
er der Armenlast nicht ausgeschlossen, weil die Möglichkeit besteht, größere
Verbände zu bilden. R. Ziv. 5, 358, 362. — Jedes, auch ein unbewohntes
Grundstück ist als Ortsarmenverband einzurichten oder einem angrenzenden
erbande zuzuschlagen. Nur räumlich zusammenhängende Bezirke können zu
einem Gesamtverbande zusammengelegt werden. Eger $ 4. Anm. 10.] ,
5 U,W.G. 8 5. Die kleineren Staaten haben in der Regel die Funktionen
des Landarmenverbandes selbst übernommen. [Landarmenverbände sind in
Preußen die Provinzialverbände mit Ausnahme von Ostpreußen, wo neben dem
ostpreußischen Provinzialverband für bestimmte gemeinsame Obliegenheiten