138 Zweites Buch. Erster Abschnitt. $ 42,
länder, welche sich in den Schutzgebieten niedergelassen haben, und
Eingeborene derselben der Reichskanzler, welcher die Funktion einem
andern kaiserlichen Beamten übertragen kann®. Diese Behörden
haben die Befugnis, über das Vorhandensein der Voraussetzungen
selbständig zu entscheiden. Auch eine Nichtbeachtung der reichs-
gesetzlichen Vorschriften macht die Verleihung der Staatsangehörig-
keit nicht ungültig, es gibt kein Rechtsmittel, dieselbe anzufechten ®.
Durch die Aufnahme wird das Rechtsverhältnis der Staatsangehörig-
keit zum Einzelstaate, durch die Naturalisation seitens einer einzel-
staatlichen Verwaltungsbehörde zugleich das Verhältnis der Staats-
angehörigkeit zum Einzelstaate und der Angehörigkeit zum Reiche,
durch Naturalisation seitens des Reichskanzlers oder eines kaiserlichen
Beamten in den Schutzgebieten lediglich das Verhältnis der Reichs-
angehörigkeit begründet. [Die Verleihung der Staatsangehörigkeit
erstreckt sich, insofern nicht dabei eine Ausnahme gemacht wird,
zugleich auf die Ehefrau und auf die minderjährigen Kinder, deren
gesetzliche Vertretung dem Aufgenommenen oder Naturalisierten kraft
elterlicher Gewalt zusteht. Ausgenommen sind verheiratete und
verheiratet gewesene T'ächter?.]
Die Voraussetzungen sind für die Naturalisation anders als
für die Aufnahme.
Die Naturalisation darf nur erfolgen, wenn folgende Vor-
aussetzungen vorliegen®: 1. Dispositionsfähigkeit des zu Naturali-
sierenden nach den Gesetzen seiner bisherigen Heimat, welche durch
Zustimmung des Vaters, Vormundes oder Kurators ergänzt werden
kann; 2. unbescholtener Lebenswandel; 3. Fähigkeit, an dem Orte,
wo der zu Naturalisierende sich niederlassen will, eine eigene Wohnung
oder ein Unterkommen zu finden; 4. Fähigkeit, an dem Orte nach
den daselbst bestehenden Verhältnissen sich und seine Angehörigen
zu ernähren. Über die Punkte 2—4 ist die Gemeinde oder der
Armenverband desjenigen Ortes, wo der zu Naturalisierende sich
niederlassen will, mit ihrer Erklärung, d. h. einer gutachtlichen
5 R.G., betr. die Rechtsverhältnisse der deutschen Schutzgebiete, [vom
10. September 1900, 8 9.] .
° Übereinstimmend: Seydel 1,275°!; Bernatzik, Rechtssprechung und
materielle Rechtskraft, 287°; Leoni, Öffentliches Recht des Reichslandes
Elsaß-Lothringen, 23. O.V.G. 13, 416. [R,eger 7,79; 14, 412] A.M.: Land-
graff, Annalen 1876, S. 1028; v.Sarwey, Das öffentliche Recht und die Ver-
waltungspflege, 461.
' SeA.c. $ 11. [Art. 41 E.G. zum B.G.B. Vgl. Sartorius, Der Einfluß
des Familienstandes auf die Staatsangehörigkeit. Verw.Arch. 7, 319.
® St.A.G. $ 8. [Die_Geschäftsfal igkeit eines Ausländers bestimmt sich
nach Art. 7 E.G. zum B.G.B. Vgl. die Zusammenstellung über das Alter der
Großjährigkeit in ausländischen Staaten bei Cahn, a,
® Es wird nicht vorausgesetzt, daß der zu Naturalisierende sich
im Reichsgebiet niedergelassen hat, wohl aber, daß er die Absicht hat
und nötigenfalls nachweist, dies zu tun. (Vgl. Cahn 8 N. 13,
0.V.G. 18, 415; [Reger 7, 82]; Seydel 1, 2794.) Eine Ausnahme, besteht
jedoch für solche Personen, welche ihre deutsche Staatsangehörigkeit durch
zehnjährigen Aufenthalt im Auslande verloren, eine andere Staatsangehörigkeit
aber nicht erworben haben. Ihnen kann die Staatsangehörigkeit in ihrem
früheren Heimatsstaate wieder verliehen werden, auch ohne daß sie beabsichtigen,
sich dort niederzulassen ($t.A.G. $ 21).