Full text: Lehrbuch des deutschen Verwaltungsrechtes.

153 Zweites Buch. Zweiter Abschnitt. $ 50. 
eines einzelnen Staates oder die öffentliche Ordnung durch Krieg, 
innere Unruhen oder sonstige Ereignisse bedroht erscheint; über das 
Vorhandensein dieser Voraussetzungen entscheidet lediglich das Er- 
messen des Kaisers. Die Verordnung hat auch zu bestimmen, ob die 
Paßpflichtigkeit für das ganze Reich oder nur für einen bestimmten 
Bezirk oder für das Reisen aus und nach bestimmten Staaten des 
Auslandes in Kraft treten soll. 
Die Bestimmungen über das Meldewesen? beruhen meist auf 
lokalen Polizeiverordnungen. Durch diese wird den Wirten und In- 
habern selbständiger Wohnungen die Verpflichtung auferlegt, der 
Polizei sowohl über die Beherbergung von Reisenden als über alle 
Veränderungen, welche sich unter den ständigen Bewohnern ihrer 
Wohnungen zutragen, binnen einer bestimmten Zeit Anzeige zu er- 
statten. Im Laufe des neunzehnten Jahrhunderts war in vielen 
Städten die Einrichtung der sogenannten Aufenthaltskarten eingeführt 
worden; alle Personen, welche nicht Ortseinwohner waren und über 
eine gewisse Zeit in der Stadt bleiben wollten, mußten bei der Polizei 
eine solche Aufenthaltskarte lösen. Diese Aufenthaltskarten sid durch 
Reichsgesetz abgeschafft worden®. Im übrigen haben die reichsgesetz- 
lichen Vorschriften über Aufenthalt und Niederlassung das Melde- 
wesen nicht berührt. Es ist nur vorgeschrieben, daß die Unterlassung 
der Meldung eines neu Anziehenden lediglich mit einer Polizeistrafe, 
niemals mit dem Verluste des Aufenthaltsrechtes gestraft werden darf?. 
5. Preßpolizei'. 
$ 50. 
Man unterscheidet zwei Systeme des Preßrechtes: das Pro- 
hibitiv- oder Präventivsystem und das Repressivsystem. 
Ersteres sucht rechtswidrige oder sicherheitsgefährliche Handlungen 
der Presse dadurch zu verhindern, daß es die Verbreitung der 
Preßerzeugnisse an eine vorherige obrigkeitliche Prüfung und Be- 
willigung knüpft (Zensur). Letzteres macht die Herstellung und 
Verbreitung der Preßerzeugnisse von einer derartigen Genehmigung 
nicht abhängig, sondern läßt, wenn von der Presse verbotene Hand- 
lungen begangen sind, nur eine nachträgliche Bestrafung eintreten. 
Eine einheitliche Regelung des Preßrechtes ist durch das 
? Art. Meldewesen R.L. 2, 739. (Leuthold), V.R.W. 2, 739. [H.W.B. 5, 
146. (Lehr-v. Heckel)]. " 
® P.G. $ 10. 
?’F.G.$ 10. 
ı Pözl und Brater, Art. Preßfreiheit und Preßpolizei, Staatswörterbuch 
8, 227; Kommentare zum Reichapreßgesetz (Preß-G.) von Thilo 1874, Mar- 
quardsen 1875, Koller 1888; v. ehwarze [-Appelius: 1908, Delius 
1895; Stenglein, Nebengesetze* Nr. 15, S. 295 (Literatur daselbst Note 1.] 
v. Liszt, Das deutsche Reichspreßrecht 1880; Art. Preßgesetzgebung, Preß- 
gewerbe, Preßpolizei R.L. 8, 132; Jolly, Art. Preßgewerbe, Preßpolizei V.R.W. 
9, 300; Rehm, Art. Preßgewerbe und Preßrecht H.W.B.? 6, 231; Kloe pel, 
Reichspreßrecht 189; Gusti, Grundbegriffe des Preßrechts 1909; Eh 
er, 
Das deutsche Preßrecht 1909.] “
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.