Full text: Lehrbuch des deutschen Verwaltungsrechtes.

164 Zweites Buch. Zweiter Abschnitt. $ 56. 
lassenen Verbotes Mitteilungen über Truppenbewegungen und Ver- 
teidigungsmittel bringt; 
. d) wenn eine Druckschrift eine Aufforderung zu hochverräte- 
rischen Handlungen, eine Majestätsbeleidigung oder eine unzüchtige 
Abbildung oder Darstellung enthält; 
e) wenn eine Druckschrift eine Aufforderung zu einer straf- 
baren Handlung oder eine Anreizung verschiedener Klassen der Be- 
völkerung zu Gewalttätigkeiten gegeneinander enthält und dringende 
Gefahr besteht, daß bei Verzögerung der Beschlagnahme diese Auf- 
forderung oder Anreizung ein Verbrechen oder ein Vergehen un- 
mittelbar zur Folge haben würde. 
Da in den vorstehenden Fällen der Grund der Beschlagnahme 
eine strafbare Handlung ist, eine solche aber erst in dem Momente 
vorliegt, wo mit der Verbreitung des Preßerzeugnisses begonnen 
wird, so ist der Beginn der Verbreitung eine notwendige 
Voraussetzung für die Zulässigkeit der vorläufigen Beschlagnahme®. 
Daraus, daß es sich hier stets um ein spezielles Delikt handelt, er- 
klärt sich ferner die der Polizeibehörde auferlegte Verpflichtung, bei 
der Beschlagnahme die dieselbe veranlassenden Stellen der Schrift 
unter Anführung der verletzten Gesetze zu bezeichnen®, Eine Kon- 
sequenz dieses Umstandes ist endlich auch die Vorschrift, daß trenn- 
bare Bestandteile der Druckschrift, welche nichts Strafbares ent- 
halten, von der Beschlagnahme auszuschließen sind”. 
Über das Vorhandensein der Voraussetzungen entscheidet zunächst 
das Ermessen der Polizeibehörde. Diese Entscheidung ist 
jedoch nur eine vorläufige; die definitive liegt in den Händen 
des Gerichtes. Zum Zweck der schleunigen Herbeiführung einer 
gerichtlichen Entscheidung enthält das Gesetz folgende Vorschriften. 
Ist die Beschlagnahme von der Polizei ausgegangen, so muß die 
Verhandlung spätestens binnen 12 Stunden an die Staatsanwaltschaft 
abgesandt werden. Diese hat entweder sofort die Wiederaufhebung 
der Beschlagnahme anzuordnen oder binnen 12 Stunden nach Emp- 
fang der Verhandlungen die gerichtliche Bestätigung zu beantragen. 
Ist die Beschlagnahme von der Staatsanwaltschaft verfügt, so muß 
sie die gerichtliche Entscheidung binnen 24 Stunden beantragen. 
Das Gericht hat in: allen Fällen spätestens 24 Stunden nach Empfang 
des Antrages die Entscheidung zu erlassen, welche entweder auf 
Bestätigung oder auf Aufhebung der Beschlagnahme lauten muß. 
Die Beschlagnahme erlischt von selbst, wenn nicht bis zum Ablauf 
des fünften Tages nach Anordnung derselben der bestätigende 
Gerichtsbeschluß der Behörde, welche die Beschlagnahme verfügt 
® In dieser Beziehung herrscht Übereinstimmung; v. Liszt a. a. O0. S. 123 
weicht nur insofern ab, als er in dem unter 1 behandelten Falle den Beginn 
der Verbreitung nicht für notwendig erachtet, sondern schon im Moment der 
Ausgabe die Beschlagnahme für zulässig hält. Dagegen ist jedoch einzu- 
wenden, daß eine scharfe Scheidung zwischen Ausgabe nnd Verbreitung nicht 
mögliel iet, die Ausgabe vielmehr gerade als Beginn der Verbreitung erscheint. 
reß.G. & 27. 
? Preß.G. & 27,
	        
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