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weigern, darf sie aber auch nur dann verweigern, wenn der Bau
den im öffentlichen Interesse zu stellenden Anforderungen nicht ent-
spricht®. Die Ausführung eines Baues oder die Vornahme einer
Veränderung ohne vorherige polizeiliche Erlaubnis ist strafbar !°.
Durch die polizeiliche Genehmigung eines Baues wird für den, der
sie erhält, ein subjektives öffentliches Recht zum Bauen begründet !.
Dagegen enthält die polizeiliche Erlaubniserteilung keine Entscheidung
über streitige Privatrechte. Einwendungen gegen einen beabsichtigten
Bau auf Grund privatrechtlicher Titel können daher auch nach er-
folgter polizeilicher Genehmigung im Rechtswege geltend gemacht
«werden !?, Für gewerbliche Bauten bestehen besondere Vorschriften,
die von Gesichtspunkten der Bau- und Gewerbepolizei beherrscht
werden. Für Staatsbauten ist eine baupolizeiliche Genehmigung
nicht erforderlich.
Die Bauten an Ortsstraßen sind in der Regel nach Maß-
gabe vorher festgestellter Ortsbaupläne auszuführen. Die Fest-
setzung der Bebauungspläne erfolgt durch die Gemeinde. Sie sind
eine Zeit lang öffentlich auszulegen, und es steht jedermann frei, da-
gegen Einwendungen zu erheben. Die endgültige Entscheidung über
den aufgestellten Plan und die gegen ihn erhobenen Einwendungen
steht der vorgesetzten Verwaltungsbehörde zu. Der Bebauungsplan
hat den Charakter einer polizeilichen Anordnung. Durch ihn
werden die Straßen- und Baufluchtlinien !® festgestellt und die Ver-
pflichtung der Grundeigentümer begründet, den zur Anlage der Straße
erforderlichen Grund und. Boden zur Entschädigung abzutreten. Zu
den Kosten der Straßenherstellung können die anliegenden Grund-
eigentümer berangezogen werden !%,
? (Vgl. Otto Mayer 1, 289. — Die neue Literatur ist angegeben bei
Dierschke, Über die Reformbedürftigkeit des kommunalen Bauverbots.
Verw.Arch. 17, 441.
10 R.Str.G.B. $ 367, Nr. 15.
ıt Rehm, Rechtliche Natur der Gewerbekonzession. 8. 31.
!® Leuthold, Annalen S. 317', 883; Roesler, Verw.R. 1, 445; Rehm
a. a. 0.8. 31. .
13 {Die Straßenfluchtlinie scheidet die dem öffentlichen Gebrauch dienen-
den, und daher der Benutzung und Einwirkung Privatberechtigter im _all-
gemeinen entzogenen Wegeanlagen von dem der privaten Benutzung und Ver-
fügung verbliebenen Terrgin. (v. Reitzenstein, Art. Straßenfluchtlinien,
V.R.W. 2, 581.) Die Baufluchtlinie bedeutet die Linie, über die hinaus die
Einriehtung von Bauten gegen die Straße hin unzulässig ist, oder bis an die
mit den Bauten vorgerückt werden muß. (Loening, Art. Baupolizei, H.W.B.?
2, 720.
1 Die Bestimmungen über Straßenanlagen und Ortsbaupläne finden sich
in den Bauordnungen und in besonderen Gesetzen. Preuß. G., betr. die An-
legung und Veränderung von Straßen und Plätzen in Städten und ländlichen
Ortschaften, vom 2. Juli 1875. |Komm.: Friedrichs, v. Strauß und Torney.
5. Aufl. 1905: v. Brauchitsch, Preuß. Verwaltungsgesetze, 1906, 4, 451];
7,.&. 8 146. Bad, G., die Anlage der Ortschaften un die Feststellung der Bau-
iluchten, sowie die Bauten längs der Landstraßen und Eisenbahnen betr., vom
20. Febr. 1868. Abänderungsgesetz vom 26. Juni 1890 [und vom 15. Okt. 1908.
Vgl. Walz, Bad. Staatsr. 3 111], Vgl. Gneist, Eine Streitfrage aus dem
Straßen- und, Baufluchtengesetz, vom 2. Juli 1875. Hartmanns Zeitschr. 4, 297.
v. Bosse, Über die Wirkungen eines Bebauungsplanes. Fischers Zeitschr.