Full text: Lehrbuch des deutschen Verwaltungsrechtes.

176 Zweites Buch. Zweiter Abschnitt. $ 65. 
Die Bestimmungen über die einzelnen Bestattungen wollen 
die Beisetzung Scheintoter und die Verheimlichung von Verbrechen 
verhindern. Die Bestattung darf deshalb erst eine bestimmte Zeit 
nach dem eingetretenen Tode stattfinden. Derartige Bestimmungen 
beruhen auf polizeilichen Festsetzungen für einzelne Orte und Bezirke. 
Die Übertretung derselben ist reichsgesetzlich unter Strafe gestellt*. 
Aus sanitären Gründen und um Bestattungen Scheintoter zu ver- 
hindern, sind außerdem an vielen Orten Leichenhäuser eingerichtet 
worden, welche den Charakter von Gemeindeanstalten haben. Der 
zweite Gesichtspunkt hat die Verbote heimlicher Bestattungen ver- 
anlaßt. Insbesondere bedarf jede Bestattung, die vor Eintragung 
des Sterbefalles in das Sterberegister stattfindet, einer Genehmigung 
der Ortspolizeibehörde®, Die Einrichtung einer obligatorischen 
Leichenschau, welche gleichzeitig beiden Zwecken dient, hat eine 
allgemeine Verbreitung bis jetzt nicht gefunden®. — Der Transport 
von Leichen darf regelmäßig nur auf Grund von Leichenpässen ge- 
schehen. — [Die Regelung der Feuerbestattung ist dem Landesrecht 
vorbehalten ?]. 
Die Begräbnisplätze befanden sich früher im Eigentum 
der Kirchen und Religionsgesellschaften. Daneben sind allmählich 
zahlreiche kommunale Friedhöfe entstanden, welche von Angehörigen 
aller Konfessionen benutzt werden®. Aber auch auf den kirchlichen 
Friedhöfen muß die Bestattung von Angehörigen anderer Kon- 
fessionen zugelassen werden, wenn für die betreffende Konfession 
ein eigener Friedhof am Orte nicht vorhanden ist. Die näheren 
Bestimmungen über die Anlage und die Einrichtungen der Bei- 
setzungs- und Begräbnisplätze sind lokaler Natur und vorzugsweise 
von sanitären® Gesichtspunkten beherrscht. 
* R,Str.G.B. $ 367 Nr. 2. 
s P.St.G. $ 60. („Allerdings erwähnt die Vorschrift nur eine bestimmte 
Form der Bestattung, ist aber sinngemäß auch auf die Feuerbestattung aus- 
zudehnen.* Sartorius, P.St.G. S. 381. — Dies ist ausdrücklich geschehen in 
der bad. Dienstanweisung f. Standesbeamte vom 18. Jan. 1901. $ 305; danach 
darf „keine Bestattung (Beerdigung oder Feuerbestattung) vor der 
Eintragung des Sterbefalls in das Standesregister stattfinden.“ benso in 
Hessen; vgl. Hinschius-Boschant, P.St.G. To] — Vgl. R,Str.G.B. $ 367 
rl. 
® Sie besteht in: Bayern (V. vom 20. Nov. 1885), Württemberg (V. vom 
24. Jan. 1882), Baden |Dienstanweisg. f. Standesbeamte v. 18. Jan. 1901 $$ 308, 
309. — Weitere Angaben bei Hinschius-Boschan* P.St.G. $ 6022]. 
? [Roth, Die Verbreitung der Feuerbestattung in Deutschland. Annalen 
1904 S. 218; Hilse, Die Unzulässigkeit des polizeilichen Verbots der Ein- 
äscherung des Leichnams Verw.Arch. 13, 548; ausführliche Literaturangaben 
bei Sägmüller, $ 1218. 513°, auch bei Friedberg, $ 162, L.®». — Loening, 
Die Feuerbestattung und das preußische Recht. DJ. 18, 839.] 
8 [Uber das Eigentum an Friedhöfen vgl. Otto Mayer 2, 77; Sägmüller 
& 121. S. 521, insbesondere die Literatur über konfessionelle Friedhöfe daselbst 
Anm. 4. — Über die Befugnis zum Bezuge von Grabtaxen vgl. Fleiner, 
Rechtsgutachten dem Gemeinderat von Malters (Schweiz) erstattet. 1909.] 
® [Vgl. Raths H.W.B.® 2, 540.]
	        
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