Full text: Lehrbuch des deutschen Verwaltungsrechtes.

Sicherheitspolizei. . $ 69. 181 
die weitere Folge, daß dem Befehlshaber der Besatzung die 
gesamte höhere Militärgerichtsbarkeit zusteht”. —. Dagegen ist 
die härtere Bestrafung gewisser Verbrechen durch das E. G. zum 
Reichsstrafgesetzbuch ® ausdrücklich auf den vom Kaiser verkündeten 
Kriegszustand beschränkt worden, findet also auf den von den 
Landesregierungen proklamierten Belagerungszustand keine Anwen- 
ung. 
Der Kaiser besitzt nicht die Befugnis, den von einer Landes- 
regierung verkündeten Belagerungszustand wieder aufzuheben ®. 
2. Aufhebung gesetzlicher Vorschriften ohne Verkündigung des 
Belagerungszustandes. 
8 69. 
Durch Bestimmungen der Landesverfassungen und 
Landesgesetze ist den Regierungen vielfach das Recht beigelegt 
worden, in Fällen des Krieges und Aufruhrs gewisse Verfassungs- 
artikel und gesetzliche Vorschriften zeitweilig außer Kraft zu setzen, 
ohne daß es dazu einer Verkündigung des Belagerungszustandes 
bedarf!. Die fraglichen Vorschriften sind solche, die sich auf 
Verhaftung, Haussuchung, Briefgeheimnis, Gerichtsstand, Vereins- 
und Versammlungsrecht, Presse und Einschreiten des Militärs be- 
ziehen. 
Durch die Befugnis des Kaisers, den Kriegszustand zu ver- 
kündigen, sind die angeführten landesgesetzlichen Vorschriften nicht 
berührt worden. Dagegen haben die Befugnisse der Einzelregierungen 
aufgehört, sofern an die Stelle der zu suspendierenden landes- 
gesetzlichen Bestimmungen reichsgesetzliche getreten sind, voraus- 
gesetzt, daß nicht eine ausdrückliche Aufrechterhaltung . derselben 
erfolgt ist?®. 
. In Elsaß-Lothringen kann im Falle des Krieges oder 
eines unmittelbar drohenden feindlichen Angriffs jeder mindestens in 
der Stellung eines Stabsofliziers befindliche oberste Militärbefehls- 
aber zum Zweck der Verteidigung in dem ihm unterstellten Orte 
oder Landesteile die Ausübung der vollziehenden Gewalt übernehmen. 
Die Übernahme erfolgt durch Erklärung gegenüber der betreffenden 
Zivilverwaltungsbehörde. Die Zivilverwaltungs-- und Gemeindebe- 
hörden haben nunmehr den Anordnungen des Militärbefehlshabers 
  
? Vgl. hierüber -G. Meyer, Annalen 1880, S. 349. 
8 
®° v. Mohl, Reichsstaatsrecht S. 91; v. Roenne, Deutsch. Staatsr. 1, 88 
gegen Thudichum S. 294. . 
! Preuß. G. vom 4. Juni 1851 $ 16 u. 17. Oldenb. St.G.G. Art. 54. Anh.- 
Bernb. G., die Aufrechterhaltun er öffentlichen Ruhe und Sicherheit betr., 
vom 24. März 1850 $ 19ff. Hamb, Verf. Art. 102 u. 103. Brem. Verf. $ 20. 
„*® Dies ist nur hinsichtlich der Bestimmungen über die Presse und den 
Gerichtsstand durch R.G. über die Presse vom 7. Mai 1874 $ 30 u. R.G.V.G. 
$ 16 geschehen.
	        
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