184 Zweites Buch. Dritter Abschnitt. $ 72.
Jahren in ein Arbeitshaus unterzubringen oder zu gemeinnützigen
Arbeiten zu verwenden, bei Ausländerinnen auch die Befugnis, sie
aus dem Reichsgebiete zu verweisen®.
Die Errichtung von Bordellen fällt unter die Bestimmungen
des $ 180 des Reichsstrafgesetzbuches und ist daher für unzulässig
zu erachten‘. Auch der Umstand, daß einem solchen Institute eine
polizeiliche Konzession erteilt ist, ändert daran. nichts, da die Polizei-
behörden nicht die Befugnis besitzen, von Vorschriften des Reichs-
strafgesetzbuches zu dispensieren,
2. Die Überwachung der Gast- und Schankwirtschaften.
g 72.
Bei der Überwachung der Gast- und Schankwirtschaften kommen
neben den strafrechtlichen! Vorschriften noch folgende polizeiliche
Maßregeln zur Anwendung:
1. Die Errichtung von Gast- und Schankwirtschaften ist von
einer polizeilichen Konzession abhängig®.
2. Die Schankwirtschaften und öffentlichen Vergnügungsorte
sind zu einer bestimmten Stunde des Abends oder der Nacht zu
schließen. Diese Stunde heißt die Polizeistunde®, Die Fest-
setzung derselben geschieht durch lokale Polizeiverordnungen. Nach
Eintritt der Polizeistunde ist jeder Gast auf Aufforderung des Wirtes,
seines Vertreters oder eines Polizeibeamten zum Verlassen des Lokales
verpflichtet. Unter Gästen sind jedoch nur Schankgäste, d. h. solche
Personen zu verstehen, welche in der betreffenden Wirtschaft Ver-
zehrungsgegenstände gegen Bezahlung entnehmer, also nicht Privat-
gäste des Wirtes, Ebensowenig bezieht sich die Vorschrift auf durch-
reisende Fremde, welche in einem Gasthause ihr Nachtquartier
® R.Str.G.B. $ 361 N. 6 u. 362. [Durch R.G. vom 25. Juni 1900 ist R.Str.
G.B. $ 362 dahin abgeändert, daß im Falle des $ 361 N. 6 die Landesbehörde
die verurteilte Person statt in einem Arbeitshause in eine Besserungs- oder
Erzichungsanstalt oder in einem Asyl unterbringen kann. Bei Personen, die
bei der Verurteilung das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, ist Unter-
bringung in einem Arbeitshause unzulässig.]
4 [Das Vermieten von Wohnungen an Kontrolldirnen gilt nach $ 180 R.Str.
@.B. als Kuppelei, nach R.Str. 25, 143 sofern ein Teil des Mietproises das
Aquivalent für die Überlassung der Räume zu Unzuchtszwecken bildet.]
® In diesem Sinne: R.Str. 1, 88. Übereinstimmend: Loening, Verw.R.
189 S. 7291; H.P.Oe.* 8, II 486; v. Stengel, Verw.R. 3432; O. Mayer V.R.W.
2, 456. A.A.: Seydel 8, 75%: [Frank zu $ 181 S. 296: „$ 361 Nr. 6 ergibt,
daß das Strafgesetzbuch mit der Reglementierung der Prostitution nicht nur
rechnet, sondern sie geradezu voraussetzt, somit auch erlaubt. Ist aber die
Reglementierung erlaubt, so muß natürlich auch erlaubt sein, was der Reglemen-
tierung gemäß geschieht.“]
ı R.Str.G.B. $ 361 Nr. 5.
2 Gew.O.$ 8. [Näheres darüber im Gewerberecht.]
® Leuthold Art. Polizeistunde R.L. 8, 83; V.R.W. 2, 279; [Rotering,
Polizeiübertretungen und Polizeiverordnungsrecht 1888. 8. 66.]