Full text: Lehrbuch des deutschen Verwaltungsrechtes.

Sittenpolizei. $ 73. 185 
genommen haben, oder auf Lokalitäten geschlossener Gesellschaften. 
Die Nichtfolgeleistung ist mit Strafe bedroht. Strafbar macht sich 
auch der Wirt, der, nachdem die Polizeistnnde geboten ist, das 
weitere Verweilen seiner Gäste gestattet*. 
3. Nach lokalen Anordnungen besitzen die Polizeibehörden die 
Befugnis, den Wirten zu verbieten, einzelnen Personen, die als 
Trunkenbolde bekannt sind, geistige Getränke zu verabreichen 
» oder den: Aufenthalt in der Gaststube zu gestatten. 
4. Öffentliche Tanzbelustigungen bedürfen in vielen 
Ländern einer polizeilichen Genehmigung und unterliegen einer 
olizeilichen Überwachung®. Auch für gewisse Aufführungen und 
Schaustellungen in öffentlichen Wirtschaften ist durch die Reichs- 
gewerbeordnung ‚die Einholung einer polizeilichen Erlaubnis vor- 
geschrieben. 
3. [Spiel und Wette! 
8 73. 
Spiel ist ein Vertrag, durch welchen der eine Kontrahent dem 
anderen für den Fall des Eintrittes, dieser dagegen jenem für den 
Fall’ des Nichteintrittes einer künftigen ungewissen Tatsache eine 
vermögensrechtliche Leistung verspricht. Gleichgültig. für den Begriff 
des Spieles ist, ob der Eintritt der betreffenden Tatsache durch 
eigene Tätigkeit der Parteien oder ohne eine solche herbeigeführt 
wird. Die Wette unterscheidet sich vom Spiel dadurch, daß bei 
derselben sich Behauptungen gegenüber stehen, deren Richtigkeit 
oder Unrichtigkeit für die gegenseitigen Leistungen maßgebend ist, 
während ein solches Gegenüberstehen von Behauptungen beim Spiel 
nicht stattfindet. 
  
* R.Str.G.B. $ 365. 
5 v. Roenne, preuß. Staatsr. 4, $ 304. — Bayr. Pol.Str.G.B. Art. 31. — 
Bad. Pol,Str. G.B. $ 76a. 
® Leuthold, Art. Lustbarkeiten R.L. 2, 684; Lustbarkeiten und Tanzlust- 
barkeiten V.R.W. 2, 59, 613; v. Roenne, pr. Staatsr. 4, 196. Bayr. revid. Pol. 
Str.G.B. vom 26. Dezember 1871 Art. 32. — Bad. Pol.Str.&.B. $ 60. — Hess. Pol. 
Str.G.B. Art. 215. — Andere Gesetze fordern nur eine Anmeldung der Tanz- 
belustigungen und legen der Polizeibehörde die Befugnis bei, dieselben aus 
fünden der öffentlichen Ordnung zu untersagen. Die Fortdauer dieser Be- 
s umungen auch nach Erlaß der Gew.O. ist ausdrücklich anerkannt. (Gew.O. 
i [B.G.B._$$ 762—764. Elster, Art. Spiel und Wette H.W.B.? 6, 889; 
Arch, f. Bürg.R. 26, 3. Kriegsmann, Stra rechtsvergleichung. Bes.T. 6, 382 
über den Begriff des Spieles und die strafrechtliche Bedeutung des Unter- 
schiedes zwischen Spiel und Wette. Vgl. Frank zu $ 284. I. 
® Der Betrieb des sog. Totalisators und die Tätigkeit der sog. Buchmacher 
charakterisiert sich daher als eine Vermittlung von Spiel-, nicht von Wettver- 
wägen. Vgl. pr. 0.V.G. 8, 363; [Vgl. Jonas, Der Totalisator vor dem Oberver- 
waltungsgericht. Zeitschrift f. ges. Strafrechtswissensch. 2, 551.] R.Str. [6, 172]; 
6, 421; 7, 21. [R.G. vom 4. Juli 1905. (R.G.Bl. S. 595) über Wettunternehmungen 
bei öffentlich veranstalteten Pferderennen. Vgl, dazu Frank 8284, III, v. Liszt, 
Strafr. $ 144. IL. 4; Kriegsmann, Strafrechtsvergl. 6, 405: Die Lotterie als 
besonders berücksichtigte Form des Glücksspiels.]
	        
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