188 Zweites Buch. Dritter Abschnitt. $ 74.
buchs® nur dann, wenn sie zur Verhütung des völligen sittlichen Ver-
derbens notwendig ist*. Die aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch sich
ergebenden Abänderungen der geltenden Landesgesetze sind in den
Bundesstaaten® zur Durchführung gelangt, und zwar in den Aus-
führungsgesetzen zum Bürgerlichen Gesetzbuch oder in besonderen
Gesetzen‘. Die zwangsweise Unterbringung Minderjähriger? zur
Pflege und Erziehung in einer geeigneten Familie oder in einer
Erziehungs- oder Besserungsanstalt erfolgt auf Anordnung des Vor-
mundsehaftsgerichts unter öffentlicher Aufsicht und auf öffentliche
Kosten. Sie kommt zur Anwendung nicht nur gegenüber Verwahr-
losten, sondern schon gegenüber solchen Minderjährigen, die der
Gefahr der Verwahrlosung ausgesetzt sind, um der Verwahrlosung
und gänzlichen Entartung vorzubeugen.| Für die Kosten treten
subsidiär die Armen- und Kommunalverbände, bzw. der Staat ein.
2 [Nach B.G.B. $ 1666, wenn das geistige und leibliche Wohl des Kindes
dadurch gefährdet wird, daß der Vater das Recht der Sorge für die Person des
Kindes mißbraucht, das Kind vernachlässigt oder sich eines ehrlosen oder un-
sittlichen Verhaltens schuldig macht.]
* [E.G. z. B.G.B. Art. 185.]
5 (Schmitz, Die Fürsorgeerziehung Minderjähriger. Preuß. G. vom 2. Juli
1900 mit den dazu ergangenen Ausführungsbestimmungen, Erlasse, Verfügungen
und Verorduungen, 4. Aufl. 19068. Der Kommentar von Schmitz ent-
hält auch den Text der Fürsorge- und Zwangserziehungsgesetze
der übrigen deutschen Bundesstaaten, die vielfach mit den preußischen
übereinstimmen. Vgl. auch die Übersicht bei Endemann $ 198a. — Kom-
imentierte Ausgaben: Preuß. G.: Aschrott 2. Aufl. 1907; Gordan, Lehmann
und Niese, 1907; Noelle 1901; Wittig 1901; Bayr. G. vom 10. Mai 1902:
Englert 1902; von der Pfordten 1902; Reeb 1903; Württ. G. vom 6. Dez.
1899; Kiene 1900; Schneider 1909; Bad. G. vom 31. August 1900: Dorner,
Erläuterungen in seinem Kommentar zur Bad. Rechtspolizei esetzgebung, 1902,
S. 572.. Vgl, auch die Angaben ‚über die landesprivatrechtliche Literatur bei
Endemann $ 198 a. ®.]
® [Nach preußischem Muster haben einige Staaten das Wort Zwangs-
erziehung durch das Wort Fürsorgeerziehung ersetzt. (Vgl. Lands-
berg $ 11; Schmitz S. 46'); Loening, H.W.B.° 7, 1068 hält die Befürch-
tung, daß dem Wort Zwangserziehung ein gewisser Makel anhafte, dem auch
der Minderjährige auspesotzt sei, über den eine solehe Maßregel angeordnet
werde, für zu weit gehend und nicht begründet. — (Über die Bedeutung der
scharfen Scheidung zwischen der landesrechtlichen Fürsorgeerziehung, Maß-
nahme im öffentlichen Interesse des Staates und der Zwangserziehung der
$$ 1666, 1838 als Maßnahmen im privaten Interesse des Kindes vgl. Lands-
berg S. 262]
7 [Die Zwangserzichung gelaugt zur Anwendung vor vollendetem 18. (in
Preußen, Baden, Hessen) oder vor vollendetem 16. Lebensjahr (z. B. in Würt-
temberg). Sie endet spätestens mit dem vollendeten 20. Lebensjahre.]