Full text: Lehrbuch des deutschen Verwaltungsrechtes.

[Medizinal- und Veterinärpolizei.] $ 77.- 191 
die vom Kaiser auszugehen haben, ferner Einrichtung von Quaran- 
tänen und Desinfektionen an der Grenze, zu letzteren die Auferlegung 
der Verpflichtung zur Anzeige, die lokalen Desinfektionen, Isolierungen 
der Kranken, Schließung von Schulen und öffentlichen Vergnügungs- 
okalen. . 
[Zur Bekämpfung gemeingefährlicher Krankheiten und zwar von 
Aussatz, asiatischer Cholera, Flecktyphus, Gelbfieber, Pest und Pocken 
ist ein Reichsgesetz® erlassen. Die Bekämpfung aller anderen über- 
tragbaren Krankheiten erfolgt durch die Verwaltungen der Einzel. 
staaten.] ? 
3. Impfung. 
8 77. 
Impfung (Vaccination) ist die künstliche Übertragung des 
Kuhpockengiftes auf den Menschen. Sie erfolgt zu dem Zwecke, 
die geimpften Personen für die Ansteckung durch Menschenblattern 
unempfänglich zu machen. Auf dem Wege der Reichsgesetzgebung 
ist der Impfzwang für das ganze Gebiet des Deutschen Reiches ein- 
geführt worden?. 
Im Deutschen Reiche besteht eine gesetzliche Pflicht zur 
Impfung und zwar zur Vaccination und zur Revaccination. Bei 
dieser Verpflichtung kommen zwei Klassen von Personen in Betracht: 
1. Personen, die geimpft werden müssen (impfpflichtige 
Personen). Dies sind: a) Kinder vor Ablauf des auf ihr Geburts- 
  
® RS. betr. die Bekämpfung gemeingefährlicher Krankheiten (Seuchen-G.), 
vom 36. Juni 1900 (R.G.Bl. 5. 00), Ausführungsbest. vom 6. Oktober 1900 
.G.Bl. S. 849, Das G. regelt die Anzeigepflicht jeder Erkrankung und jedes 
odesfalles an die Polizeibehörde, bestimmt den verpflichteten Personenkreis, 
Landesrechtliche Bestimmungen, die eine weitergehende Anzeigepflicht be- 
gründen, werden durch das Reichsgesetz nicht berührt; durch Bundesrats- 
eschluß können die Vorschriften über die Anzeigepflicht auch auf andere über- 
tragbare Krankheiten ausgedehnt werden. Es werden ferner durch dieses G. 
die Schutzmaßregeln angegeben und die Entschädigungsansprüche begrenzt. 
$ 43 des Seuchen-G. sieht die Errichtung eines Reichs-Gesundheitsrats vor, 
der das Gesundheitsamt bei der Erfüllung der ihm durch das Seuchen-G. über- 
tragbaren Aufgaben zu unterstützen hat. Das Deutsche Reich hat die öffent- 
liche Gesundheit auch dadurch gefördert, daß es mit Nachbarstaaten zur Er- 
leichterung des Grenzverkehrs Verträge abschloß (vgl. darüber v. Liszt, 
Völkerr. $ 33, I2; v. Ullmann, Völkerr. $ 139, II?) oder sich an Verein- 
arungen zwischen mehreren Staaten beteiligte, so an dem Dresdener Ab- 
kommen gegen die Ausbreitung der Cholera vom 15. April 1898 (R.G.Bl. 1894 
S. 343), an der internationalen Sanitätskonvention vom 3, April 1894 (R.G.Bl. 
1898 S. 973), vom 30. Okt. 1897 (R.G.Bl. 1900 S. 43) mit der Deklaration vom 
24. Dez. 1900 (R.G.Bl. S. sa) und vom 3. Dez. 1903 (R.G.Bl. 1907 S.425), betr. 
die Bekämpfung von Pest, Cholera und Gelbfieber.] 
[Preuß. &. vom 28. August 1905, beachtenswerter M.E. vom 11. Dezember 
1907 (betr. Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten und Handhabung der Sitten- 
polizei), Yel. dazu he D.J.Z. 18, 279. d 
olly, Art. Im icht, V.R.W. 1, 670; Fränkel, Art. Impfung un 
Impfrecht, H.W.B.3 4, 1920. ’ ' PB 
? R. Impfgesetz vom 8. April 1874. In einer Reihe von Staaten sind be- 
sondere Ausführungsgesetze zu diesem Reichsgesetz erlassen, welche nament- 
lich über die Verteilung der Kosten des öffentlichen Impfwesens unter Staat 
und Gemeinden Bestimmungen enthalten. Preuß. G. vom 12. April 1875. Württ. 
G. vom 29. März 1875. Hess. G. vom 25. Mai 1875.
	        
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