Full text: Lehrbuch des deutschen Verwaltungsrechtes.

[Medizinal- und Veterinärpolizei.] $ 78. 195 
nachgemachter, verfälschter und verdorbener Nahrungs- 
und Genußmittel, 2. die Herstellung, den Verkauf, das Feilhalten, 
das in Verkehrbringen von Nahrungs- und Genußmitteln, von Be- 
kleidungsgegenständen, Spielwaren, Tapeten-, Eß-, Trink- und Koch- 
geschirr, deren Genuß bzw. Gebrauch die menschliche Gesund- 
heit zu beschädigen oder zu zerstören geeignet ist*. Es legt 
aber außerdem den Verwaltungsorganen Befugnisse bei, welche 
den Zweck haben, den Verkehr mit den genannten Gegenständen zu 
überwachen und zu beschränken. 
Diese Befugnisse sind doppelter Art. 
1. Ein Teil derselben steht den Polizeibehörden® zu und 
hat den Zweck, eine vorbeugende Kontrolle über Nahrungs- 
und Genußmittel, sowie über die den Bestimmungen des Gesetzes 
unterliegenden Gebrauchsgegenstände zu ermöglichen ®, Zu den letzteren 
gehören Spielwaren, Tapeten, Farben, Eß-, Trink- und Kochgeschirr, 
sowie Petroleum”. Die Polizeibeamten sind befugt: 
1. Von Gegenständen der vorbezeichneten Art, welche verkauft 
oder feilgebalten werden, Proben zum Zweck der Unter- 
suchung zu entnehmen?. Sie haben die Pflicht, dafür eine Ent- 
schädigung in der Höhe des üblichen Kaufpreises zu leisten. Bei der 
Entnahme wird nicht etwa ein Kaufvertrag zwischen dem Polizei- 
beamten und dem Privatmanne abgeschlossen; dieselbe hat vielmehr 
den Charakter einer Zwangsenteignung. Kommt eine Einigung über 
den Preis nicht zustande, so kann derjenige, von dem die Waren 
entnommen sind, seine Forderung im Rechtswege geltend machen. 
Die Polizeibeamten müssen ferner über die entnommenen Waren eine 
mpfangsbescheinigung ausstellen und dem Besitzer auf Verlangen 
einen Teil der Probe amtlich verschlossen oder versiegelt zurück- 
lassen. Werden die betreffenden Gegenstände öffentlich d. h, auf 
Märkten®, Plätzen, Straßen oder im Umherziehen feilgehalten, so 
unterliegt die Entnahme hinsichtlich der Zeit keinerlei Beschränkung. 
Findet dagegen der Verkauf in Räumlichkeiten statt, welche sich in 
Gebäuden befinden, so darf die Entnahme und das zu diesem Zwecke 
notwendige Betreten der Räume nur stattfinden: a) während der üb- 
lichen Geschäftsstunden, d. h. während der Tageszeit, wo das frag- 
liche Geschäft dem Publikum geöffnet zu sein pflegt, auch wenn dies 
an dem betreffenden Tage ausnahmsweise nicht der Fall sein sollte !°, 
b) außerhalb der üblichen Geschäftsstunden, so lange die Räumlich- 
eiten dem Verkehr geöffnet sind. 
* N.M.G. 88 10-17. 
® [Polizeibeamte und nach den Spezialgesetzen auch Sachverständige. 
° [Vgl. R.Str.P.O. 8 94 f. über die Beschlagnahme von Gegenständen, die 
als Beweismaterial für die Untersuchung von Bedeutung sein können.] 
N.M.u, S . 
N.M.G. 88 2, 9. 
° [R.Str. 9, 121.] 
10 Die Grenzen der üblichen Geschäftszeit sind nicht nach allgemeinen 
Ortsgewohnheiten, ebensowenig nach der in dem betreffenden Geschäfts- 
zweige, sondern allein nach der in dem konkreten Geschäfte herrschenden Ge- 
wohnheit zu ziehen. Motive zu $$ 1—3 des Regierungsentwurfes. Sten. Ber. 
8, 176. [Vgl. hierzu Lebbin-Baum 1, 6.) j 
13*
	        
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