230 Zweites Buch. Fünfter Abschnitt. $ %.
schen Fakultät ist in neuerer Zeit an einigen Universitäten (Straß-
burg, Würzburg, [Freiburg, Münster]) eine juristisch-staatswissen-
schaftliche getreten, an anderen besteht eine besondere staatswirt-
schaftliche oder staatswissenschaftliche Fakultät (München, Tübingen).
Auch von der philosophischen Fakultät ist mitunter eine mathe-
matisch-naturwissenschaftliche abgesondert (Straßburg, Tübingen,
Heidelberg) oder dieselbe in zwei Sektionen, eine philologisch-
historische und eine mathematisch-naturwissenschaftliche geteilt worden
(München, Würzburg). Den Fakultäten liegt die Pflege ihrer
speziellen Wissenschaft ob. Sie haben den Vorlesungsplan für jedes
Semester gemeinsam festzustellen, Preisfragen auszuschreiben, Vor-
schläge für die Besetzung der Lehrerstellen zu machen, akademische
Grade zu erteilen, Privatdozenten anzunehmen, Gutachten über
Gegenstände ihrer Wissenschaft abzugeben. An der Spitze der
Fakultät steht der Dekan, dessen Amt durch Wahl oder Turnus
besetzt wird.
Die obere Leitung der Universitäten steht den Staatsbehörden
zu. Dieselben sind dem Ministerium unmittelbar untergeordnet,
als dessen Kommissare vielfach Kuratoren oder Kanzler
fungieren.
Die Universitäten unterscheiden sich von allen anderen Unter-
richtsanstalten durch die freie Gestaltung des wissenschaftlichen
Unterrichtes, die sogenannte akademische Lehr- und Lernfrei-
heit. Lehrfreiheit ist die Freiheit, welche den Universitäts-
lehrern hinsichtlich ihres Lehrberufes zusteht. Die Professoren,
namentlich die ordentlichen Professoren,. sind zwar für bestimmte
Fächer angestellt und es liegt ihnen die Pflicht ob, Vorlesungen
über diese Fächer zu halten. Sie können aber außerdem jeden
anderen Zweig ihrer Wissenschaft zum Gegenstande ihrer Tätigkeit
machen. Die Privatdozenten unterliegen hinsichtlich der Auswahl
ihrer Vorlesungen Beschränkungen. Auch über den Inhalt der Vor-
lesungen und die Art der Behandlung des Stoffes entscheidet jeder
Universitätslehrer nach seinem Ermessen. Er unterliegt dafür einer
Verantwortung nur sofern er sich Übertretungen der Strafgesetze
zu schulden kommen läßt. Lernfreiheit ist die den Studenten
hinsichtlich der Wahl und Einrichtung ihres Studiums eingeräumte
Freiheit. Der Student kann durch die staatlichen Vorschriften, die
über die Ausbildung für seinen künftigen Lebensberuf bestehen, in
der Gestaltung seiner Studien beschränkt sein; die Universtät übt
auf die Einrichtung derselben keinerlei Einfluß aus. Sie fordert
von ihren Gliedern nur, daß sie den Zweck des Aufenthaltes auf
der Universität, das Studium der Wissenschaften, überhaupt im Auge
behalten. Deshalb kann notorischer Unfleiß den Ausschluß von der
Universität zur Folge haben.
An die Universitäten schließen sich einige Spezialanstalten für
das Studium der katholischen Theologie und der philosophischen
Disziplinen an. Sie besitzen nur zwei Fakultäten, eine katholisch-
theologische und eine philosophische 1.
14 Das Lyceum Hosianum in Braunsberg und die in den bayerischen Bis-