343 Zweites Buch. Sechster Abschuitt. 3 96.
Prämien und Verleihung der fiskalischen Vorrechte (Expropriations-
recht, Befugnis zur Erhebung von Chauseegeld) zu fördern bestrebt
gewesen ist, sind verschiedene Aktierichausseen entstanden’. Außer-
dem findet in neuerer Zeit in Elsaß-Lothringen die Anlegung von
Feldwegen durch autorisierte Genossenschaften statt®.
$ 96.
Die Bedeutung des öffentlichen Weges besteht darin, daß er
dem gemeinen Gebrauche dient, also von jedermann zum
Gehen, Reiten und Fahren benutzt werden kann. Ein Zwang zur
Benutzung bestimmter Straßen, wie er in früheren Jahrhunderten
bestand, findet nicht mehr statt. Die Voraussetzung der allgemeinen
Benutzbarkeit des Weges ist seine Eigenschaft als öffentlicher
Weg. Diese Eigenschaft wird regelmäßig auch darin hervortreten,
daß der Weg sich im Eigentum des Staates oder eines Kommunal-
verbandes befindet. Es kann allerdings auch vorkommen, daß ein
Weg Privateigentum einer bestimmten Person ist und nichtsdesto-
weniger kraft besonderer Rechtstitel dem öffentlichen Verkehr dient!.
Streitigkeiten über das Eigentumsrecht an einem Wege sind wie alle
Eigentumsstreitigkeiten im Wege des Zivilprozesses zum Austrag zu
bringen. Dagegen erscheint die Frage, ob ein Weg in dem Sinne
ein öffentlicher ist, daß er dem gemeinen Gebrauche unterliegt, als
ein Rechtsstreit des öffentlichen Rechtes. Er ist daher im Ver-
waltungswege zu erledigen. In den Staaten, die eine Ver-
waltungsgerichtsbarkeit besitzen, erfolgt die Entscheidung im Wege
des Verwaltungsstreitverfahrens. .
Die Benutzung der öffentlichen Wege ist aber gewissen Be-
schränkungen unterworfen, deren Inbegriff man als Wege-
polizei recht zu bezeichnen pflegt. Diese polizeilichen Bestimmungen
aben hauptsächlich den Verkehr mit Fuhrwerken zum Gegenstande,
und zwar beziehen sie sich auf die Beschaffenheit und auf das Aus-
weichen derselben. Die Vorschriften der ersteren Art betreffen
namentlich die Breite der Wazenspur, die Beschaffenheit der Rad-
7 y. Roenne, preuß. Staater. 4, 558.
8 G. vom 14. April 1884 [vgl. Bruck 3, I
ı Vgl. v.Sarwey a.a. 0. S. 377; F. F. Mayer, Grundsätze des Ver-
waltungsrechtes S. 171; R.Ziv. 6, 207; 0.V.G. %, 219.
® v.Sarwey a. a. O.; Roesler, deutsch. Verwaltunger. $ 406, N. 1;
Loening, Verw.R. $ 142, S. 570; v. Stengel, Verw.R. S. 57; |Gierke 2,
660°: Die Entscheidung, ob ein Weg ein öffentlicher ist, erfolgt im Verwaltungs-
streitverfahren. Ist ein Weg unstreitig Privatweg, so kann er wider Willen
des Eigentümers nur im Enteignungsverfahren in einen öffentlichen Weg ver-
wandelt werden. Loening, Verw.R S 3570; preuß. O.V.G. 12, 28) —
A. A.: Seydel, bayr. Staatsr., der für, die Kompetenz der bürgerlichen
Gerichte eintritt, weil in dem Streit um die Öffentlichkeit des Weges stets Eigen-
tum oder wenigstens Servitutrechte des Staates bzw. eines Kommunalverbandes
in Frage ständen. Dies ist aber keineswegs immer der Fall. Es mag nur
darauf hingewiesen werden, daß vielfach öffentliche Chausseen sich im Figen-
tum von Privatgesellschaften, nam:ntlich Aktiengesellschaften, befinden, an
welchen dem Staate keinerlei Privatrechte, sondern lediglich öffentlich rechtliche
Befugnisse zustehen. Dagegen kann die Frage, ob ein Weg ein öffentlicher
gei, als Inzidentpunkt in einem Zivilstreit allerdings Gegenstand gerichtlicher
Entscheidung werden. Vgl. R.Zıv. 14, 262.