I. Wege. $ 96. 243
felgen und die Belastung der Fuhrwerke?. In letzterer Hinsicht ist
meist vorgeschrieben, daß die Wagen sich gegenseitig rechts und
daß andere Wagen den Posten auszuweichen haben.
Für die Benutzung der öffentlichen Wege werden häufig Ge-
bühren (Wegegelder, Straßengelder, Chausseegelder) erhoben. Die
Wegegelder wurden früher als eine Art des Zolles angesehen; bei
ihrer Festsetzung und Erhebung waren wesentlich fiskalische Motive
maßgebend. Erst im Laufe des neunzehnten Jahrhunderts ist der
Grundsatz zum Durchbruch gelangt, daß die Wegegelder nicht in
erster Linie als Einnahmequelle des Staates dienen, sondern nur
einen Beitrag der die Wege benutzenden Personen zu den Bau- und
Erhaltungskosten bilden. Eine Erhebung von Wegegeldern findet
daher in der Regel auch nur auf Kunststraßen statt. Der Zoll-
vereinsvertrag vom 22. März 1833* bestimmte, daß Chausseegelder,
sowie andere statt derselben bestehende Abgaben, ebenso Pflaster-,
Damm-, Brücken- und Fährgelder nur in dem Betrage beibehalten
oder neu eingeführt werden könnten, als sie den gewöhnlichen Her-
stellungs- und Unterhaltungskosten angemessen seien. Als höchster
zulässiger Satz sollte das in Preußen nach dem Tarife von 1828 be-
stehende Chausseegeld angesehen werden. Die Erhebung von be-
sonderen Thorsperr- und Pflastergeldern wurde untersagt. Diese
Bestimmungen sind in die späteren Zollvereinsverträge, namentlich
auch in den Zollvereinsvertrag vom 8. Juli 1867 tibergegangen°.
Dabei ist jedoch eine zweifache Modifikation vorgenommen worden.
Die Vorschrift, daß das Chausseegeld die Sätze des preußischen
Tarifes von 1828 nicht übersteigen darf, findet auf die von Privat-
personen, Korporationen oder auf Aktien angelegten Chausseen keine
nwendung, wenn sie nur Nebenstraßen sind oder bloß lokale Ver-
bindungen einzelner Ortschaften oder Gegenden mit größeren Städten
oder mit eigentlichen Haupthandelsstraßen bezwecken. Sie gilt ferner
nicht für Oldenburg und Schaumburg-Lippe®; letztere beiden Staaten
sind nur verpflichtet, ihre dermaligen Chausseegeldsätze nicht zu
erhöhen?. Diese Bestimmungen haben als Bestandteile des Zoll-
„ ,? Bestimmungen dieses Inhaltes bestehen namentlich für Kunststraßen.
Sie finden sich in den allgemeinen Wegeordnungen und Wepepolizeigesetzen
oder in besonderen Gesetzen. Von letzteren sind namentlich zu nennen:
Preuß, V., den Verkehr auf den Kunststraßen betr., vom 17. März 1839: dazu
Kab. Ordre vom 12. April. 1840 und G.G. vom 12. März 1853, 10. Mai 1858,
1. Juni 1876, 1. September 1886, 27. Mai u. 20. Juni 1887, 21. April u. 27. Juni
1890. Außerdem zahlreiche Bestimmungen über die Beschaffenheit der Wagen-
und Schlittengeleise mit provinzieller Geltung (v. Roenne, preuß. Staatsr. 4,
557, N. 3). & betr. die Radfel enbeschläge beim Fuhrwerk in der Provinz
annover, vom 22. Februar 1375. Bayr. G. vom 25. Juli 1850. Sächs. G
vom 16. April 1840. Band. G. vom 3. August 1837. — [Dazu gehören auch die
Bestimmungen über den Verkehr mit Fahrrädern und raftfahrzeugen.]
* Z.V. Vertr. vom 22. März 1833 Art. 18.
6 2.V. Vertr. vom 8. Juli 1867 Art. 22.
® Über Schaumburg-Lippe vgl. R. Delbrück, Der Artikel 40 der Reichs-
verfassung $. 85.
.’ Auch für Sachsen und für die zu dem thüringischeu Zoli- und Handels-
verein gehörigen Länder, in denen die Meilen ebensolang waren wie die
Sächsischen, bestand insofern eine Abweichung, .als an die Stelle des preußischen
autzes von 1/4 Taler für die Meile von 7,23 Kilometer der Satz von !/ss Taler
ür die Meile von 9,06 Kilometer trat. Vgl. Delbrück n.a.0. 8. 8 u. 85
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