IL Wasser. & 97. 247
Die fließenden Gewässer zerfallen in natürliche und
künstliche.
Zu den natürlichen fließenden Gewässern gehören
die Quellen, das auf einem Grundstück sich ansammelnde und ab-
fließende Regenwasser, die Flüsse und die Landseen, die Durch-
flüsse besitzen.
Die Quelle sowie das auf einem Grundstück sich sammelnde
und abfließende Regenwasser gehört dem Grundeigentümer; die
Verhältnisse dieser Wasserläufe regeln sich nach den Grundsätzen
des Privatrechtes.
Die Flüsse werden in öffentliche und Privatflüsse ein-
geteilt. Als öffentliche gelten alle schiffbaren und flößbaren,
d.h. zur Floßfahrt oder Flößerei mit verbundenen Hölzern dienenden
'lüsse*. Die Öffentlichkeit erstreckt sich aber nur so weit, als
die Schiffbarkeit oder Flößbarkeit reicht, so daß also der obere Lauf
eines schiffbaren bzw. flößbaren Flusses nicht als öffentlich gilt®.
Gemeinrechtlich gehören die öffentlichen Flüsse zu den dem
Verkehr entzogenen Sachen, es besteht an ihnen tiberhaupt kein
Eigentumsrecht®, partikularrechtlich werden sie als im Eigentum des
Staates” oder der Gemeinden® befindlich betrachtet. Dieses Eigen-
* [Die Literatur und Rechtsprechung über den Begriff des öffentlichen
Flusses ist zusammengestellt in den meisten privatrechtlichen Lehr- und Hand-
büchern, vgl. auch Schmidt, Zur Frage der rechtlichen Behandlung der Gewässer.
Gruch.Beitr. 52, 813.] F. F. Mayer, Grundsätze des Verwaltungsrechts. S. 179;
vening, Verw.R., S. 378. [Otto Mayer 2, 65'%] Die meisten Partikular-
rechte stehen auf diesem Standpunkte, indem sie entweder die Schift’barkeit
(Preuß. A.L.R. T.U. Tit. 15, 88 38—40) oder die Schiffbarkeit und Flößbarkeit
eines Flusses (code, civil Art. 538). Bayr. [Wass.G. Art. 1; bad. Wass.G. .}
als Kriterium der Öffentlichkeit ansehen. Andere bestimmen speziell, welche
das Staatsgebiet durchströmenden Flüsse als öffentliche zu betrachten sind
(Old. Bremen.). Nach dem Braunschw. WasserG. gelten als öffentliche Wasser-
zuge alle die, welche sich durch mehrere Gemarkungen ergießen. Die Gesetze
der thüringischen Staaten, d. h. der sächsischen Herzogtümer, der schwarz-
urgischen Fürstentümer und des Fürstentums Reuß j. L. kennen die Ein-
teilung der Flüsse in öffentliche und Privatflüsse überhaupt nicht. Dies erklärt
Sich daraus, daß die in Frage kommenden Flüsse teils überhaupt, teils wenigstens
80 lange, als sie das Gebiet der betreffenden Staaten berühren, nicht schiffbar sind.
|Stoerk-Loening H.W.B?4, 838. unterscheiden: Privatgewässer, Gewässer
im beschränkten, öffentlich rechtlich geordneten Gemeingebrauch und im freien
emeingebrauch stehende öffentliche Gewässer.] . .
v 5 Vgl. über die Anerkennung dieses Grundsatzes in der preußischen
erwaltungs- und Gerichtspraxis E. Meier R.L. 1, 850. Hierzu Schenkel,
Recht und Verwaltung, S. 61. — [Vgl. Kunze, Verwaltungsstreitverfahren.
S. 197: Wasserpolizei.
® Vgl. Windscheid, Pandekten 1, $ 146!!. A. A. Dernburg u. a.
welche gemeinrechtlich ein Staatseigentum an den öffentlichen Flüssen an-
nehmen. [Vgl. dazu Gierke ?, 29.] .
? Preuß. A.L.R. T. II. Tit. 14 $21. [Über den dort vorkommenden Aus-
druck „ein gemeines Eigentum des Staats“ vgl. Trautmann, Eigentum an
öffentlichen Flüssen im Gebiete des allgemeinen | andrechts, Gruch. Beitr. 48, 330,
gsen Rausnitz Gruch. Beitr. 89, 525.] Code civil Art. 538. Bayr. | Wass.G. Art. 1.]
ad. [Wass.G. $ 1] Hess.G. vom 14. Juni 1887. Art. 48. Im französischen
Verwa. tungsrecht werden die öffentlichen Flüsse zu dem öffentlichen Eigentum
(domaine public) des Staates gerechnet. O. Mayer, Theorie des französischen
erwalturgerechtes, S. 2276. Das deutsche Verwaltungsrecht hat diesen Be-
griff nicht ausgebildet, das Eigentum des Staates am Fluß muß also als Privat-