Full text: Lehrbuch des deutschen Verwaltungsrechtes.

254 Zweites Buch. Sechster Abschnitt. $ 9. 
keit, daß durch derartige Anlagen Rechte dritter Personen beeinträch- 
tigt werden, ist für die Durchführung derselben eine Mitwirkung 
der Verwaltungsbehörden vorgeschrieben. Entweder wird für 
die Herstellung jeder Bewässerungsanlage eine vorherige Konzession 
erfordert; dies ist regelmäßig bei öffentlichen Flüssen, vielfach 
jedoch auch bei Privatflüssen der Fall. Oder der Polizeibehörde ist 
nur das Recht vorbehalten, im Interesse der allgemeinen Benutzung 
des Flusses, namentlich im Interesse der Schiffahrt, eine derartige 
Anlage zu untersagen oder zu beschränken!®. Oder endlich der 
Unternehmer kann die Vermittelung der Verwaltung in Anspruch 
nehmen, um durch ein Aufgebots- und Präklusioneverfahren die wider- 
spruchs- und entschädigungsberechtigten Personen und die Höhe ihrer 
Entschädigungen feststellen zu lassen 4. 
Entwässerungen sind Ableitungen des Wassers aus Grund- 
stücken in fließende Gewässer, welche den Zweck haben, ersteren 
die überschüssige Feuchtigkeit zu entziehen. Sie erfolgen teils in 
offenen Abzugsgräben, teils in verdeckten Röhren (Drains). Jeder 
unmittelbare Ufereigentümer ist zur Ableitung des Wassers von 
seinem Grundstück in den Fluß ohne weiteres befugt. Ist dagegen 
das zu entwässernde Grundstück durch anderweite Grundstücke von 
dem Flusse getrennt, so hat zunächst der tiefer liegende Eigentümer 
die Vorflut zu gestatten, d. h. das Wasser des höher liegenden auf- 
zunehmen!®, Dagegen ist er kraft allgemeiner Rechtsgrundsätze 
nicht verpflichtet, auf seinem Grundstück die Herstellung künstlicher 
Anlagen zum Zweck der Ableitung des Wassers von dem höheren 
Grundstück zu gestatten. Es kann jedoch durch Verwaltungs- 
verfügung dem höher gelegenen Grundeigentümer die Befugnis zur 
Errichtung derartiger Abflüsse auf fremdem Grundeigentum gegen die 
Verpflichtung, den Eigentümer des davon betroffenen Grundstücks zu 
entschädigen, beigelegt werden. Das Verfahren hat den Charakter 
eines Enteignungsverfahrens, durch das eine Servitut begründet wird. 
Bewässerungen und Entwässerungen sind aber mit Aussicht auf 
Erfolg häufig nur dann zu unternehmen, wenn sie sich auf eine Reihe 
zusammenhängender Grundstücke erstrecken. In diesem 
Falle werden die Eigentümer der beteiligten Grundstücke zu einer 
Genossenschaft vereinigt!*. Derartige Genossenschaften können 
sich durch freie Übereinkunft der Interessenten bilden; sie können 
aber auch auf den Antrag eines Teiles der beteiligten Grundbesitzer 
gegen den Widerspruch der übrigen zwangsweise durch Verwaltungs- 
verfügung geschaffen werden. Der Bildung solcher Zwangsgenossen- 
schaften geht ein Aufgebotsverfahren und eine kontradiktorische Ver- 
12 Preuß. G. vom 28. Febr. 1843 $ 15. 
14 Preuß, G. vom 28. Febr. 1843 $ 19 ff. 
1# Vgl. Schenkel, Art. Vorflut R.L. 3, 1170; Hermes, Art. Vortlut 
V.R.W. 2, 845: [Anschütz, Art. Vorflut H.W.B.2 7, 590.). 
® Preuß. G. vom 18. April 1879, Bayr. [Wass.G. Art 110 ff.]; Bad, [Wase. 
G. 8$ 50H]; Hess. G. vom 30. Juli 18%7 Art. 32. Französ. G. vom 21. Juni 
1865 mit den elsaß-lothr. G.G. vom 11. Mai 1877 und 30. Juli 1890.
	        
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