Full text: Lehrbuch des deutschen Verwaltungsrechtes.

II. Woasserstraßen und Schiffahrt. $ 102. 9263 
1. Die Flößerei mit unverbundenen Hölzern hatte 
sich schon früh zu einem Regal, d. h. zu einem ausschließlichen 
Rechte des Landesherrn und der von ihm zur Ausübung derselben 
für berechtigt erklärten Personen entwickelt. Diese Entwicklung 
war eine naturgemäße, da die gleichzeitige Ausübung der Flößerei 
mit unverbundenen Hölzern durch mehrere Personen leicht zu Kolli- 
sionen führen kann. Infolgedessen hat sich in bezug auf die Flößerei 
mit unverbundenen. Hölzern auch im neueren Rechte das Prinzip 
der Regalität vielfach erhalten. Andere Gesetzgebungen haben das- 
selbe zwar aufgegeben, für die Benutzung eines Gewässers zur 
Flößerei dieser Art aber eine staatliche Konzession gefordert®. In 
noch anderen Gesetzgebungen ist die Flößerei mit unverbundenen 
Hölzern völlig frei gegeben und dem Staate nur der Erlaß polizei- 
licher Vorschriften vorbehalten worden *. 
2. Die Flößerei mit verbundenen Hölzern (Floßfahrt) 
hat einen wesentlich anderen Charakter. Sie erscheint, da die aus 
verbundenen Hölzern bestehenden Flöße die Eigenschaft von Fahr- 
zeugen besitzen, die durch menschliche Kraft gelenkt werden, als 
eine Art der Schiffahrt. Es sind daher im Zweifel die für die Schiff- 
fahrt geltenden Grundsätze auch auf die Floßfahrt anzuwenden. 
Das neunzehnte Jahrhundert hat wie die Flußschiffahrt so auch 
die Flößerei von den bisherigen Beschränkungen be- 
freit. Diese Befreiung betrifft sowohl die Konzessionen als die 
Abgaben. 
Die Benutzung der flößbaren Ströme zur Floßfahrt steht jeder- 
mann frei. Auch die für die Führer von Flößen landesrechtlich 
vorgeschriebenen Konzessionen sind durch die Reichsgewerbe- 
ordnung für aufgehoben zu erachten; nur die durch Staatsverträge 
getroffenen Anordnungen müssen in analoger Anwendung der für 
Flußschiffer geltenden Grundsätze als fortbestehend angesehen werden‘. 
Die Befreiung der Flößerei von Abgaben ist, so weit 
sie nicht schon früher durch landesrechtliche oder vertragsmäßige 
Bestimmungen für die einzelnen Flüsse durchgeführt war, in um- 
fassendem Maße durch die Reichsgesetzgebung bewirkt worden. 
Auch für die Flößerei gilt der für die Schiffahrt aufgestellte Grund- 
  
® Schwab, Die Konflikte der Wasserfahrt auf den Flüssen mit der Be- 
getzung der letzteren zum Maschinenbetriebe (Arch. f. zivil. Pr. 30. Beilageheft) 
3 So z.B. im Gebiete despreußischen Landrechtes auf öffentlichen 
Flüssen (Preuß. A.L.R. T. II, Tit. 15, $ 49.) . 
* Nach preußischem Recht können die Eigentümer eines Privatflusses 
durch landesherrliche Entscheidung verpflichtet werden, den Gebrauch des 
Flusses zum Holzflößen jedermann zu gestatten. (G. über die Benutzung der 
Privatflüsse vom 28. Februar 1843 $$ 8-12). — [Nach bayr. Wassergesetz vom 
23. März 1907 Art. 31 gelten als Triftgewässer die Flüsse und Bäche, die der 
lößerei mit unverbundenem Holze (Trift) dienen, und zwar, soweit sie bisher 
schon als Triftzewässer dienten oder von der Staatsregierung künftig als solche 
erklärt werden.) 
Gew.O. 8 31. Elb.-Sch. Add. A. 88 7, 12-17. Wes.Sch. Add. A. Art. 
I, VI, VII [Vgl. die Übersicht über die Stnatsverträge bei I,andmann- 
Rohmer $ gie?
	        
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