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Die Nationalität eines Schiffes wird durch die Flagge des-
selben gekennzeichnet*. Das Recht als nationales Schiff eines Staates
zu gelten, ist daher gleichbedeutend mit dem Recht, die Flagge des
Staates zu führen. Die Nationalität der deutschen Schiffe war vor
Gründung des Norddeutschen Bundes die des betreffenden Einzel-
staates, sie führten daher auch die Flagge des letzteren. Jetzt bilden
sämtliche deutsche Kauffahrteischiffe eine einheitliche Handels-
marine; ihre Nationalität ist die deutsche, sie führen die
Reichsflagge°’. Die Zugehörigkeit eines Schiffes zu einem Einzel-
staate hat für den scerechtlichen Verkehr keinerlei Bedeutung mehr.
Das Recht der Flaggenführung ist durch reichsgesetzliche
Vorschriften geregelt worden®. Die Reichsflagge dürfen führen:
[l. die zum Erwerbe durch die Seefahrt bestimmten Schiffe (Kauf-
fahrteischiffe) mit Einschluß der Lootsen-, Hochseefischerei-, Ber-
gungs- und Schleppfahrzeuge’, und zwar die Kauffahrteischiffe nur
dann, wenn sie im ausschließlichen Eigentume von Reichsangehörigen
stehen. Den Reichsangehörigen werden gleichgeachtet offene Handels-
gesellschaften und K litgesellschaften, wenn die persönlich
haftenden Gesellschafter sämtlich Reichsangehörige sind, ,‚ andere
Handelsgesellschaften, eingetragene Genossenschaften und juristische
Personen, wenn sie im Inland ihren Sitz haben, Kommanditgesell-
schaften auf Aktien, wenn die persönlich haftenden Gesellschafter
sämtlich Reichsangehörige sind®; 2. seegehende Lustyachten, aus-
schließlich zur Ausbildung von Seeleuten bestimmte Seefahrzeuge
(Schulschiffe), und solche Seefahrzeuge, die für Rechnung von aus-
wärtigen Staaten oder deren Angehörigen im Inland erbaut sind;
3. Binnenschiffe, die ausschließlich auf ausländischen Gewässern ver-
kehren 1%; 4. Gouver fal ge der deutschen Schutzgebiete 1].
Die unbefugte Führung der Reichsflagge wird mit Geld- oder Ge-
fängnisstrafe und kann mit Konfiskation des Schiffes bestraft werden 1?.
Die Schiffe, welche das Recht zur Führung der Reichsflagge besitzen,
sind zur Führung derselben auch verpflichtet. Die Führung
einer einzelstaatlichen Flagge neben der Nationalflagge ist zulässig,
hat aber keinerlei‘ rechtliche Bedeutung. Auch städtische oder
Nummernflaggen können neben der Reichsflagge geführt werden.
Die Unterlassung der Führung der Reichsflagge ist zwar nicht mit
Strafe bedroht, hat aber zur Folge, daß das betreffende Schiff nicht
s Lewis, Art. Flagge V.R.W. 1, 421; Schiff 2, 410; Schiffspapiere 2, 419.
Art ‚Handelsfagge pr. Handwb. 1, 780: Stoerk-Loening, Art. Flaggenrecht.
.W.B2 4, 3
5 R.Verf. Art. 54, 55.
® R.G., betr. die Nationalität der Kauffahrteischiffe und ihre Befugnis zur
Führung der Bundesflagge, vom 25. Okt. 1867; [1R.G., betr. das Flaggenrecht
der Kauffahrteischiffe (FI.G.) vom 22. Juni 1899 (R.G.Bl. S. 319) in der Fassung
des G. vom 29. Mai 1901 (R.G.Bl. S. 184)].
’ (F1.G
a [F1.G. S 2.
° [FL.G. $ 26 Abe. 1.|
ı TF1.G. $ 26a]
[V. vom 5. Juli 1908 auf Grund von F1.G. $ 26 Abs. 2; vgl. L. Perels,
Seestraßenordnung. 1908. S. 40,
ı2 [Fl.G. $ 18. -— R.Str.@.B. $ 42.]