372 Zweites Buch. Sechster Abschnitt. $ 105.
See heraufgeholt oder auf derselben treibend ergriffen sind, eben-
falls dem Strandvogt oder der Polizei Anzeige zu erstatten und die
geborgenen Gegenstände auf Erfordern herauszugeben ®®. Die Ver-
nachlässigung dieser Pflichten ist mit Strafe bedroht*®. Die Fragen
des Eigentumsrechtes und des Eigentumserwerbes an geborgenen
Gütern, sowie über die Verflichtung zur Zahlung der Bergungs- und
Hilfskosten sind privatrechtlicher Natur *%.
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Die Verwaltungsvorschriften und Verwaltungstätigkeiten, die sich
auf deutsche Schiffe beziehen, haben deren Beschaffenheit, die
Verhältnisse des Schiffspersonals und die Untersuchung von See-
unfällen zum Gegenstande.
1. Die Vermessung der Seeschiffe ist durch eine vom
Bundesrat erlassene Schiffsver gsordnung! geregelt worden.
Diese Vermessung erfolgt zunächst im Interesse der Ermittelung der
Ladungsfähigkeit der Seeschiffe?; sie dient aber außerdem auch zur
Feststellung ihrer Identität und bildet die Grundlage für die Be-
rechnung gewisser von den Schiffen zu zahlender Abgaben. Der
Vermessung unterliegen alle Fahrzeuge, die ausschließlich oder vor-
zugsweise zur Seefahrt bestimmt sind; nur Schiffe unter 50 Kubik-
meter Brutto-Raumgehalt, welche keine Einrichtungen zum dauernden
Aufenthalt der Mannschaft haben, können frei gelassen werden®. Die
Vermessung findet statt beim Bau des Schiffes und bei Vornahme
räumlicher Veränderungen. Dem Erbauer und Rheder ist eine An-
zeigepflicht auferlegt, es kann aber eine Vermessung auch ohne An-
*2 Strand.O. $$ 12, 13, 20, 21.
8 Strand.O. $ 48.
* Vgl. darüber Brunner, Art. ‚Strandrecht und Strandungsordnung.
R.L. 8, 814.
ı Schiffsvermessungsordnung, (Sch. Y-O) vom 20. Juni 1888 [ersetzt durch
Sch.V.O. vom 1. März 1895 (R.G Bl. S. 158) abgeänd. durch Bek. d. Reichsk.
vom 12. April 1908 (RG.Bl. S. 149).] Im Eingang derselben beruft sich
der Bundesrat für seine Zuständigkeit auf Art. 54 der R.Verf. Nun begründet
Art. 54 allerdings eine Gesetzgebungskompetenz des Reiches, aber keine Zu-
ständigkeit des Bundesrates in bezug auf das Schiffsvermessungswesen. Die
Schiffsvermessungsorduung kann daher, wie Laband 3, 189, RStR.
s 28, II. ausführt, nur insoweit rechtliche Gültigkeit beanspruchen, als sie Vor-
schriften für die Vermessungsbehörden enthält und demnach den Charakter
einer Verwaltungsinstruktion hat. Dagegen muß sic in den Bestimmungen,
welche Verpflichtungen der Erbauer, Rheder und Führer von Schiffen begründen
und die Verletzung derselben mit Zahlung doppelter Gebühren, also materiell
mit Strafe bedroben, als unverbindlich betrachtet werden. ereinstimmend:
v. Roenne, preuß. Staatsr. 4, $ 364, S. 351; Seligmann, Gesetz im mate-
riellen und formellen Sinne, S. 169, N. 1; Wagner, Seerecht 1, 167°, 172*.
Noch weiter geht Haenel, Studien zum deutschen Staatsr. 2, 84, welcher der
Schiffsvermessungsordnung jede rechtliche Gültigkeit abspricht. Ihm schließt
sich an Hensel, Annalen 1882 S. 36 Nr. 3. Dagegen halten die Schiffsver-
messungsordnung für gültig: Zorn, 2, 877: Loening, Verw.R. S. 657'; Arndt,
Verordnungsr. S. 139; [Staater. S. 254].
® Sch.V.O. 8 2.
3 Sch.V.O. $ 1